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Chemie des Glücks im Kopf

Der Bremer Hirnforscher Prof. Michael Koch spricht heute Abend über das Glück im Kopf – bei Ratten wie bei Menschen sorgt der Stoff Dopamin dafür. Drogen lassen den Stoff länger wirken

„Glück im Kopf. Zur Neurochemie eines Gefühls“ ist der Titel eines Vortrages von Prof. Michael Koch heute Abend um 19 Uhr im Science-Center Universum. Der Neuropharmakologe forscht über Sucht-, Angst- und Furchtstörungen bei Ratten und Mäusen. Die Mechanismen sind bei Menschen ähnliche, sagt er – neurobiologisch gesehen.

taz: Verstehen Naturwissenschaftler etwas von Gefühlen?

Prof. Michael Koch: Die Frage ist: Was ist Glück? Jeder hat seine extrem individuelle Antwort. Naturwissenschaftler können „Glück“ nicht exakter definieren. Es gibt aber eine lange Tradition der Hirnforschung, die sich mit der Frage beschäftigt: Wie entstehen positive Gefühle im Gehirn? Eine Reihe von Beobachtungen spricht dafür, dass der Botenstoff Dopamin eine wesentliche Rolle dabei spielt.

Warum kann man aus Rattenexperimenten für die Neurobiologie des Menschen lernen?

In der Entwicklungsgeschichte des Gehirns von einfachen Wirbeltieren wie Fischen, über die Ratte und den Affen zum Menschen nimmt die Hirnrinde sehr stark zu, aber bei darunter liegenden, stammesgeschichtlich alten Hirnstrukturen wie dem limbischen System, sind die Unterschiede zwischen den Tierarten nicht so groß. Bei Glücksspielern, die mit hohem Einsatz spielen, ist dasselbe Hirngebiet aktiviert, das bei einer Ratte aktiviert ist, wenn sie leckeres Futter oder Sexualpartner sieht.

Wenn die Neurobiologen erfolgreich sind, werden wir in zehn Jahren morgens nicht nur eine Banane essen, um das Dopamin anzuregen, sondern auch einen kleinen Cocktail trinken.

Davon würde ich abraten. Richtig ist, dass dasselbe System, das durch natürliche Belohnungsanreize aktiviert wird, also durch Sex, Essen und Brutpflege, auch durch Drogen angeregt wird.

Brutpflege auch?

Ja, sehr stark sogar. Das habe ich in meiner Doktorarbeit bei Mäusen untersucht. Da gehen sehr starke Reize von den Jungen auf die Mütter aus. Die Drogen aktivieren auch dieses Belohnungssystem, aber sie aktivieren es auf eine pathologische Weise.

Was bedeutet pathologisch?

Es geht um den Transmitter Dopamin. Der wird ausgeschüttet und wirkt, aber innerhalb von Millisekunden wird dieses Dopamin-Signal unter natürlichen Bedingungen gestoppt. Es gibt Enzyme, die das Dopamin abbauen, es gibt Moleküle, die es wieder aufnehmen. Es wirkt nur als kurzer Impuls.

Glück ist immer flüchtig.

Ja, es hängt davon ab, wie lange die Nervenzelle feuert. Drogen wie Kokain blockieren aber dieses Wiederaufnehmen, das Dopamin wird ausgeschüttet und verbleibt und wirkt länger und stärker.

Schön für die Menschen.

Aber es ist pathologisch, denn langfristig ist es schädlich und kann toxische Effekte haben. Es gibt dann Anpassungsmechanismen, die das Gehirn zum Beispiel süchtig machen.

Die Nervenzellen um den Darm herum sind sehr dicht und sollen gerade bei Gefühlen stark aktiviert sein. Gibt es ein „zweites Gehirn“ im Bauch?

Das enterische Nervensystem ist Teil des vegetativen oder autonomen Nervensystems. Der Begriff autonom deutet an, dass dieser Teil selbstständig funktioniert. Für das bewusste Erleben von Gefühlen brauchen wir aber die Hirnrinde, insofern ist das Glück wohl schon im Kopf.

An der Bremer Uni gibt es einen Schwerpunkt der Hirnforschung. Ist das heute normal für eine große Universität?

Nicht ganz, nein. Ich komme aus Tübingen, da ist es ähnlich, in Frankfurt, Magdeburg oder Göttingen auch. Bremen ist eines der neurobiologischen Zentren in Deutschland. Int.: K.W. www.ifh.uni-bremen.de

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