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Stippvisite vom Oberkassenwart

US-Finanzminister Paul O’Neill versucht bei seinem Blitzbesuch in Uruguay und Argentinien Optimismus zu verbreiten, ohne sich zu weiteren Hilfen an die Krisenländer zu verpflichten. Mit Streiks und Demonstrationen machen Gewerkschaftsverbände mobil

MONTEVIDEO/BUENOS AIRES rtr ■ Einen Tag nach dem Kurzbesuch des US-amerikanischen Finanzministers Paul O’Neill wollten Gewerkschaften in Uruguay gestern aus Protest gegen die Sperrung einiger Bankguthaben durch die Regierung in einen zwölfstündigen Generalstreik treten. O'Neill hatte sich am Dienstag in Montevideo zuversichtlich gezeigt, dass das Land seine Finanzkrise überwinden werde.

Am Sonntag hatten die USA dem Land einen Sofortkredit von 1,5 Milliarden Dollar zugesagt, um das Bankensystem zu stabilisieren. Zuvor hatte die Regierung eine Vorlage durch das Parlament gebracht, die die Sperrung von einigen Konten-Einlagen für drei Jahre vorsieht.

Am Freitag war es bei einem Generalstreik gegen die Auswirkungen der Finanzkrise zu schweren Ausschreitungen gekommen. Die Zentralbank Uruguays hatte vergangenen Dienstag die Schließung der Geschäftsbanken angeordnet, nachdem sich die Währungsreserven des Landes in den vergangenen Monaten um mehr als 80 Prozent verringert hatten. Am Montag öffneten die meisten Banken wieder.

Gründe für die schweren Finanz- und Wirtschaftsprobleme in Uruguay sind Experten zufolge die tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise im Nachbarland Argentinien sowie die düsteren Wirtschaftsaussichten in Brasilien. O'Neill traf von dort kommend am Dienstag in Montevideo ein, wo ihn Präsident Jorge Batlle mit offenen Armen empfing. Die von den USA gewährte Finanzspritze ist als Überbrückungskredit gedacht, um Uruguay aus seiner akuten Finanzkrise herauszuhelfen. Sobald der Internationale Währungsfonds (IWF) ein Hilfsabkommen mit dem Land abgeschlossen hat, sollen die USA das vorgestreckte Geld zurückerstattet bekommen.

Auch in Argentinien versuchte O’Neill am Dienstag Optimismus zu verbreiten. Das Land werde seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einhalten können. Es gebe keinen Grund, von einem Zahlungsausfall auszugehen, sagte O'Neill in der Nacht zum Mittwoch vor Journalisten in Buenos Aires nach einem Treffen mit Argentiniens Präsident Eduardo Duhalde. Die argentinische Regierung arbeite an einer Lösung. Unterdessen machten tausende Menschen auf den Straßen der argentinischen Hauptstadt bei Protesten den IWF und die USA für die wachsende Armut im Land verantwortlich.

Argentinien befindet sich seit mehr als vier Jahren in einer tiefen Rezession. Seitdem die Regierung in Buenos Aires im Dezember 2001 die Zins- und Tilgungszahlungen auf ausgegebene Staatsanleihen in Milliardenhöhe eingestellt hatte, blockierte der IWF die Freigabe weiterer Kredittranchen aus einem bestehenden Programm in Höhe von 22 Milliarden Dollar. Argentinien bemüht sich seit langem um neue Verhandlungen um ein Programm, aus dem das Land weitere Hilfen des Fonds bekommen könnte. Der IWF macht weitere Hilfen jedoch von einer Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen abhängig, unter anderem von der Unabhängigkeit der Zentralbank.

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