Wer soll was kontrollieren?

Bedingungen für Waffeninspektionen der UNO im Irak sind umstritten

GENF taz ■ Die innerdeutsche und internationale Debatte über den Irak-Konflikt konzentrierte sich auch am gestrigen Donnerstag weiterhin auf die Rolle der Vereinten Nationen und ihrer Waffeninspekteure. Der SPD-Außenpolitiker und Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Bundestag, Hans-Ulrich Klose, forderte in einem Zeitungsinterview ein „robustes UN-Mandat“ für künftige Inspektionen im Irak.

Was genau er mit dem Begriff meint, erläuterte Klose nicht. Der SPD-Politiker erklärte lediglich, es müsse auch eine „militärische Option“ geben, sollte die irakische Führung nicht alle Gebäude für die UN-Inspektoren öffnen. Die derzeitige „Drohkulisse“ gegen die irakische Regierung müsse bestehen bleiben, damit sie die UN-Inspektoren überhaupt wieder ins Land lasse.

Klose begründete seine Haltung mit der Behauptung, Iraks Machthaber Saddam Hussein verfüge über Massenvernichtungswaffen und sei „nur noch drei bis fünf Jahre vom Besitz von Atomwaffen entfernt“. Beweise oder auch nur Quellen für diese Behauptung nannte Klose in dem Interview aber nicht.

Berichte über eine Rede des irakischen Präsidenten Saddam Hussein sowie ein Interview des irakischen Außenministers Nadschi Sabri mit der BBC erweckten unterdessen den Eindruck, als mache Bagdad neuerdings die Aufhebung der UN-Wirtschaftssanktionen gegen Irak zur „Vorbedingung“ für eine Rückkehr der Waffeninspektoren in das Land.

Diese Darstellung wird durch den Wortlaut der Rede und des Interviews allerdings nicht gedeckt. Saddam Hussein äußerte sich in seiner Rede zum Jahrestag der Beendigung des irakisch-iranischen Krieges im August 1988 überhaupt nicht ausdrücklich zu den Themen „Sanktionen“ und „Waffeninspektionen“. Er forderte den Sicherheitsrat lediglich auf, die 19 Fragen zu beantworten, die Außenminister Sabri Anfang des Jahres an UNO-Generalsekretär Kofi Annan übergeben hatte. Bagdad will vor allem wissen, wie der Sicherheitsrat zu den militärischen Drohungen der USA und Großbritanniens steht und wie der Rat verhindern will, dass die Waffeninspektionen (ähnlich wie zwischen 1991 und 1998) von Washington und London zur Spionage gegen Irak und zur Auskundschaftung von Zielen für Luftangriffe missbraucht werden.

Zudem forderte Hussein den Sicherheitsrat auf, seine „Verpflichtungen gegenüber Irak gemäß seiner eigenen Resolutionen“ zu erfüllen. Damit ist gemeint, dass der Rat vor dem Beginn neuer Inspektionen zunächst eine offizielle Evaluierung der siebenjährigen UNSCOM-Inspektionen vorlegt.

Mit Blick auf künftige Inspektionen erwartet die irakische Führung eine zeitliche Perspektive für einen ersten Bescheid und – sollte dieser Bescheid positiv ausfallen – ebenfalls für eine Lockerung oder gar völlige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen. Nur in diesem Zusammenhang (und nicht als „Vorbedingung“ für Inspektionen) formulierte Außenminister Sabri in dem BBC-Interview die Forderung nach einem Ende der Sanktionen.

Der UN-Sicherheitsrat sieht in der Haltung Bagdads eine „unzulässige Vorbedingung“ für die Rückkehr der Waffeninspekteure in den Irak. Diese – wesentlich von Washington und London geprägte Haltung des Rates – übermittelte Generalsekretär Kofi Annan in einem Schreiben an Außenminister Sabri. Annan forderte Bagdad zu einer „förmlichen Einladung“ an die Waffeninspekteure „ohne Vorbedingungen“ auf.

Die Bush-Administration ihrerseits machte deutlich, dass ihr UNO-Inspektionen im Irak – selbst wenn sie zu den wesentlich von Washington geprägten Bedingungen zustande kommen sollten – nicht ausreichen, um ihre Bedenken gegenüber Massenvernichtungswaffen im Irak zu zerstreuen. „Viele von uns sind meiner Meinung nach skeptisch, ob die bloße Rückkehr der Inspektoren das Problem löst“, erklärte Vizepräsident Dick Cheney am Mittwoch in San Francisco. Saddam Hussein habe seine Bestrebungen, sich in Besitz von Atomwaffen zu bringen, nie aufgeben.

ANDREAS ZUMACH