ein tag mit links: Howdily-Doodily
Es gibt Dinge, die üben einen ungemein günstigen Einfluss auf die Lebensqualität aus: tierisches Fett beispielsweise, oder die friedsame Abwicklung des Geschäftes auf dem Lokus. Abwickeln – bei Linkshändern fangen schon hier die Probleme an. Oder haben sie schon mal versucht mit der Linken das Klopapier zu erreichen?
Heute ist Internationaler Linkshändertag. Hiermit fordere ich die Rechtshänder auf: Fühlt euch wenigstens heute in die Mühen eines linkshändigen Menschen ein, ihr Unterdrücker! Heute wird alles mit links gemacht, ihr rechtszentristischen Imperialisten! So wie ich – sonst auch ein chauvinistisches Rechtshänderschwein. Nachdem ich mich für das Toilettenpapier-Problem sensibilisiert habe, streiche ich Partyschmalz mit der linken Hand aufs Brot. Irgendwie will mich das heute nicht wirklich froh machen.
Ich greife zur Alternative, meiner zweitliebsten Frühstücksspeise: eingelegte Eierschwämme, direkt aus der Büchse. Reue steigt in mir hoch. Wieso habe ich dieses Ding in die Sammlung für rumänische Straßenkinder gegeben? Nicht einmal beim Simpsons-Gucken habe ich es benutzt, das Ostergeschenk meiner Großmutter: eine Federgriffhantel. Damit stärkt man sein Handgelenk und bringt dann Pilzbüchsen auch mit linker Hand und Büchsenöffner für Rechtshänder auf. Ich seh schon, meine Empathieaktion fällt in die üblichen karitativen Muster. „Fastentag für Linkshänder“, dabei hatte ich radikale Weltverbesserer schon immer verachtet.
Die Türe mit links schließend, nehme ich mir vor, mit meinen spektakulären Aktionen nicht von den eigentlichen Problemen der Betroffenen abzulenken. In Deutschland leiden sechzehn Millionen unter Linkshändigkeit. Aber: Keine Kommission hat sich deswegen einberufen, kein Wahlplakat verspricht die Leiden der Linkshänder zu lindern. Schröder ist ein umgeschulter Rechtshänder, Wowereit auch. Vielleicht sind es Kindheitstraumen, die den Gang der Politik bestimmen.
Eierschalen abklauben, Wurstpackungen aufbeißen, mühsam Schweinekotelette zerschneiden – all das probiere ich, um meine linkshändigen Mitmenschen näher zu kommen. Doch was nützt es? Denn um die Unterdrückung zu bekämpfen, müssen wir die Ungleichheit bei der Wurzel packen: Wir brauchen eine neue Sprache. Zwei linke Hände, mit dem linken Bein aufstehen, linkisch sein – kein Wunder, dass die Zahl der Raucher unter Linkshändigen größer ist. Und dazu wachsen die kleinen Linkshänderkinder mit den falschen Vorbildern auf. Der bekannteste Linkshänder heißt Nad Flanders, Nachbar von Homer Simpson. Und wer mag schon „Howdily-doodily“-Nad Flanders? SIMON JÄGGI
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