banken-poker: Wie auf dem Autobasar
Wer einen Gebrauchtwagen kauft, kennt das: Gewinnt man den Eindruck, dass der Verkäufer seinen Wagen unbedingt zu Geld machen muss, zeigt man sich zwar interessiert, aber gelassen: Man schleicht ein wenig um den Wagen herum, schaut hier und da mal nach, mäkelt ein wenig, steigt vielleicht zu einer Probefahrt ein. Am Ende unterbreitet man vielleicht ein Angebot, aber natürlich muss man „noch mal darüber schlafen“. Man hat ja Zeit.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Nun ist die Bankgesellschaft kein Gebrauchtwagen, das Land Berlin kein gerade arbeitslos gewordener Autobesitzer, der jedes Geld braucht, und die NordLB ist kein Autonarr, der sich unbedingt einen biligen Zweitwagen vor die Tür stellen will. Aber das Gefeilsche um den Verkauf der mehrheitlich landeseigenen Bank erinnert an den Gebrauchtwagenmarkt.
Mehrfach hat der Verkäufer gefordert, dass alle Interessenten ein Angebot vorlegen. Die NordLB aus Hannover rang sich gestern erst in letzter Minute zu einer Offerte durch, einer unverbindlichen. Die Niedersachsen wollen im Geschäft bleiben, sich aber nicht oder erst möglichst spät festlegen.
Wer als Käufer so hoch pokert, hat entweder kein wirkliches Interesse an dem Schnäppchen, will aber seiner Familie zeigen, dass man sich um das gute Angebot bemüht hat. Oder er ahnt, dass er – obwohl noch andere Interessenten vor der Tür stehen – ein gern gesehener Kunde ist.
Dann könnte er, weil Warten mürbe macht, den Preis drücken oder vom Verkäufer verlangen, Risiken zu übernehmen, etwa – um im Bild zu bleiben – die Kosten für die Reparaturen von Altschäden. Oder er sucht sich gleich nur den kräftigen Motor aus und überlässt anderen die verrostete Karosserie.
Allerdings: Feilschen gehört nicht nur auf dem Autobasar zum Geschäft, und dem rot-roten Senat ist ein kühler Kopf dabei zu wünschen. Denn eines ist klar: Je billiger die Bankgesellschaft verkauft wird, desto teurer wird es für die Stadt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen