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Der wilde Mann der Welten

Knorrig, zäh: Uli Rainbow, der früher Uli Böttner hieß, ist der einzige Deutsche, der bei der Verfilmung des „Herrn der Ringe“ dabei war. Seit 20 Jahren lebt der gelernte Drucker in Neuseeland und besucht nur selten seine Heimat Berlin. Ein Porträt

von MOIRA LENZ

Uli Rainbow wirkt auf dem Plüschsofa in der Wilmersdorfer Wohnung ungefähr so fehl am Platz wie ein Breughelscher Bauer vor einer Jeff-Koons-Kulisse: Um ihn rüschen sich Portieren, flauschen sich Teppiche, räkeln sich Katzen und schnörkeln sich Blumen. Was diese Altbauwohnung zu viel hat, hat er zu wenig. Knorrig, wildwüchsig sieht er mit seinem grauen Catweasel-Bart, seinen zotteligen Haaren und seinem Indianer-T-Shirt aus. Baby you’re out of time: Er ist etwa Mitte fünfzig, sonnengebräunt und windgegerbt, durchtrainiert, sehnig, zäh – „kein Gramm zu viel“, würde Dr. Ulrich Strunz sagen. Ein Hippie, ein Aussteiger. Auf dem Sofa seiner Mutter wirkt er fast wie ein Fossil, ein Relikt aus den Tagen der Studentenkommunen.

Uli Rainbow hieß früher Uli Böttner und ist der einzige Deutsche, der dabei war, als Peter Jackson den „Herrn der Ringe“ verfilmt hat, eine Nebenrolle in „Die zwei Türme“ – dem zweiten Teil der Tolkien-Trilogie, der hier im Dezember anläuft. Er spielt den Anführer des Stammes der Wilden Männer in Mittelerde. Und für diese Rolle brauchte er eigentlich gar keine Maske, keine falschen Wimpern, und auch seine Frisur blieb die, die sie ist. Aber was heißt schon einziger Deutscher? Uli Rainbow sagt, er fühlt sich nicht mehr als Deutscher, nicht nach den zwanzig Jahren, die er in Neuseeland verbracht hat. Wenn überhaupt, sagt er, dann sei er noch ein Berliner. Da macht es gar nichts, dass er hier nur noch alle zehn Jahre mal vorbeikommt.

1980 wurde dem gelernten Drucker Uli Rainbow der Kalte Krieg mit der Stationierung der Cruise Missiles in Europa einfach zu kalt, er verkaufte alles und ließ die Insel West-Berlin hinter sich – reiste zuerst mit seinem Opel Blitz kreuz und quer durch Europa, um dann über Asien und die USA in Neuseeland anzukommen. Irgendwann zwischen diesen Reisen stieß er auf den Regenbogen, als „Brücke zwischen Menschen und Kulturen“, als „spirituelle Erfahrung beim rainbow gathering“, wie er sagt, vielleicht aber auch bei seiner Arbeit auf dem Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“. Und weil es auf Dauer „wirklich anstrengend“ ist, überall auf der Welt Böttner zu buchstabieren, wurde er eben zu Uli Rainbow, so einfach war das.

Auf Neuseelands Südinsel baute er sich in der Künstlerkolonie Marlboro Sands erst ein Haus und dann noch eines – eigenhändig, versteht sich. „Ich arbeite nur, wenn ich Geld brauche. Es gibt so vieles, was mir wichtiger ist als Arbeit. Zeit für meine Kinder, für Reisen.“

Uli Rainbows Mutter kommt ins Wohnzimmer und serviert Kaffee, den „guten Prodomo“. Sie hat sich ihre Wohnung auf den Leib geschneidert, zierlich wie sie ist, fast zerbrechlich, genauso wie der ganze Nippes, mit dem sie sich umgibt – oder auch wie die Siamkatze, die mittlerweile auf Ulis Schoß liegt. Ob er schon von Lars und Peter erzählt habe, fragt sie. Hat er nicht. Lars und Peter heißen mit Nachnamen Brandt, sind die Söhne von Willy Brandt und gemeinsam mit Uli aufgewachsen. Aha, es gibt sie also doch, die Zeit vor den Abenteuern.

Uli Rainbow beginnt, ein bisschen zu plaudern, erzählt, dass er sich noch an die Anfänge der taz erinnern kann, „aber alles, was in meiner Druckerei gedruckt wurde, waren Haftbefehle“. Oder dass er sich bei seinem letzten Besuch in Berlin 1992 noch nicht getraut hat, im Osten zu übernachten – „Man weiß ja nie“. Als er anfängt, von den Drehorten des „Herrn der Ringe“ zu erzählen, glühen seine Augen fast, er gerät ins Schwelgen: Die wilden Wälder von Fangorn und Lothlorien, die schroffen Hügel über Moria, die samtigen Auenland-Wiesen, das alles ist Neuseeland, sein Zuhause. Und natürlich das Meer … Auf einem der unzähligen Fotos an der Wand hinter ihm, die dokumentieren, wie Uli Rainbow die ganze Welt bereist hat, schwimmt im azurblauen Wasser eine Horde Delfine, und mitten drin Uli Rainbow. Jawohl! Das Klischee lebt! Und es geht ihm gut!

Aber er ist nicht nur ein Tierfreund, der Uli. Auch den Menschen kann er eine ganze Menge abgewinnen: Down Under sind sie ganz Down to Earth, stehen mit beiden Beinen am Boden, die Schauspieler und die Crew, erzählt er. Peter Jackson sei einfach nur der „Peter“ gewesen, und weil auch bei den Dreharbeiten, wie überall in Neuseeland, alles mit „Phantasie und einem Stückchen Draht“ gelöst wird, gab es kaum Probleme. Also die große, glückliche Film-Familie im neuseeländischen Outback? Über Liv Tyler und Kate Blanchett, die beiden Hauptdarstellerinnen, kann er wenig sagen – wie es sich für die zarten Elben, die sie spielen, geziemt, hat er von beiden nur Schatten wahrgenommen. Aber Christopher Saruman Lee entpuppte sich als zutraulicher Berlin-Fan.

Reich ist er nicht geworden als wilder Mann, aber so was macht man auch nicht „for the money, but for the fame“, sagt er, der sich das, was er braucht, auch irgendwie anders finanziert. Seinen Berlin-Besuch zum Beispiel. Für den hat er 4,5 Tonnen australischen Honig verschifft. Der wird gerade in Hamburg abgefüllt und steht demnächst als Menuka-Honig, was so viel wie Teebaum-Honig bedeutet, in Deutschlands Bioläden.

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