: Bahn arrangiert sich mit dem Flutchaos
Verkehrsministerium will Schäden bis Ende 2003 beseitigen. Grüne fordern, teure Prestigeprojekte zu streichen
BERLIN taz ■ Fast fühlten sich die Berliner in den letzten Tagen ein bisschen wie damals, als die Mauer noch stand: abgeschnitten vom Rest der Republik. Nach Dresden, Leipzig und München verkehrten seit letzter Woche keine Züge mehr, nach Magdeburg seit Montag auch nicht, und die Strecke nach Hamburg galt als überflutungsgefährdet. Doch wirklich schwer hatten es die Reisenden in den überschwemmten Gebieten selbst: Dort brach der Bahnverkehr teilweise ganz zusammen.
Gestern sprach die Bahn erstmals von einer „leichten Entspannung“. Mittags fuhren die ersten Nahverkehrszüge und ICEs wieder ohne Unterbrechung zwischen Berlin und Magdeburg. Am Dresdner Hauptbahnhof, der letzte Woche eineinhalb Meter tief unter Wasser stand, haben zwei Fahrkartenschalter wieder geöffnet, zwei S-Bahn-Linien sind wieder in Betrieb. Auch die Strecke Magdeburg – Leipzig ist wieder befahrbar.
Derweil fahren, wo der Betrieb wieder funktioniert, die Helfer in die Katastrophengebiete umsonst. „Wer ein Schreiben einer Hilfsorganisation oder des Arbeitsamts dabei hat, erhält kostenlos ein Ticket in der zweiten Klasse“, teilt die Bahn mit.
Die Schäden werden die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben „einen hohen dreistelligen Millionenbetrag“ kosten. Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) versprach „schnelle Hilfe“. Zwei Milliarden Euro will das Ministerium für den Wiederaufbau von zerstörten Straßen und Schienen bereitstellen. Wie Ministeriumssprecher Felix Stenschke der taz sagte, soll die Hälfte davon über die verschobene zweite Stufe der Steuerreform finanziert werden, die andere Hälfte aus Umschichtungen im Haushalt. So könnten Projekte später begonnen werden. „Wir haben insgesamt elfeinhalb Milliarden Euro für Investitionen. Theoretisch würde es reichen, alle Projekte um einen Monat zu verschieben – dann hätten wir eine Milliarde zusammen“, meint Stenschke. Allerdings entstünde so „eine Finanzierungs-Bugwelle“, die das Ministerium vor sich herschieben würde. Geplante Projekte zu streichen sei jedoch nicht geplant.
Genau das fordern dagegen die Grünen. „Jetzt wäre es an der Zeit, sich von ein paar teuren Prestigeprojekten zu verabschieden“, meint der verkehrspolitische Sprecher Albert Schmidt. Etwa vom Bau der Autobahn durch den Thüringer Wald – „da könnte man über einen Bundesstraßenausbau nachdenken, das wäre viel billiger“. Oder vom Transrapid im Ruhrgebiet, für den der Bund 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, obwohl der Bundesrechnungshof das Vorhaben erst kürzlich als unsinnig bezeichnet hat. Das würde nichts bringen, hält Stenschke dagegen. „Der Metrorapid schlägt erst 2004 richtig zu Buche. Und bis dahin wollen wir mit dem Wiederaufbau fertig sein.“
KATHARINA KOUFEN
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