: Hoffnung auf schlechten Tag
Beim 1. FFC Frankfurt sammeln Birgit Prinz und Steffi Jones gemeinsam Titel. Heute stehen sie sich mit Carolina Courage und Washington Freedom im Finale um die US-Meisterschaft gegenüber
von MATTHIAS KITTMANN
Die Fußballerinnen des 1. FFC Frankfurt kriegen den Hals einfach nicht voll. Als ob das Titel-Triple aus deutscher Meisterschaft, DFB-Pokal und Uefa-Cup nicht schon genug wäre, greifen zwei von ihnen jetzt auch nach der Krone in der US-Profiliga (WUSA). Und das ausgeklügelte dabei ist: Eine von beiden wird auf jeden Fall den vierten Titel gewinnen – entweder Birgit Prinz mit den Carolina Courage oder Steffi Jones mit den Washington Freedom.
Es ist zweifellos ein neues Kapitel des „German Fräulein-Wunder“, das sich dort in den Vereinigten Staaten abspielt. Noch Ende Mai bestritten die beiden Europameisterinnen mit ihrem deutschen Klub 1. FFC Frankfurt das Uefa-Pokal-Finale, zu einer Zeit, als die Saison in Nordamerika schon längst begonnen hatte. Dann ging es flugs nach Übersee, wo sich der Erfolg nahtlos fortsetzte. Birgit Prinz schoss Carolina, in der vergangenen Saison noch mit dem schwächsten Sturm der Liga an der Play-off-Runde gescheitert, mit 12 Toren in 15 Spielen zum Vorrundenmeister, wurde zweimal Spielerin der Woche und steht selbstverständlich im Allstar-Team. Washington, zu Saisonbeginn noch mit einem Abwehrproblem, verlor mit Defensivspezialistin Steffi Jones von 13 Partien nur noch eine. Und so stehen sie sich als Gegnerinnen gegenüber, wenn heute in Atlanta das Finale um den einzigen Profititel im Welt-Frauenfußball angepfiffen wird.
„Wir telefonieren oft miteinander“, sagt Steffi Jones, „aber für den Samstag hoffe ich, dass Birgit vielleicht mal einen schlechten Tag hat.“ Was eher unwahrscheinlich ist. Im Halbfinale gegen Atlanta Beat erwies sie sich mal wieder als „Gamewinner“. Als das Spiel nach dem Stand von 1:1 in die Verlängerung samt „Golden Goal“ ging, passierte nach zwei Minuten das, was US-Girl und Teamkollegin Carla Overbeck später so formulierte: „Immer wenn Birgit auf das Tor zuläuft, geschehen große Dinge.“ Ihren harten Schuss konnte die gegnerische Torfrau nur noch genau vor die Füße von Overbeck klatschen, von wo aus der Ball ins Tor prallte. „Prinz rules“ – „Prinz herrscht“ heißt es in Carolina, seit die zweimalige „Fußballerin des Jahres“ zum ersten Mal ein Loch ins Netz schoss.
Doch das US-Finale im Frauenfußball ist nicht nur ein Duell der deutschen Stars, es ist auch ein Duell Fußball aus der Alten Welt gegen Fußball aus der Neuen Welt. Oder anders gesagt: „German Fräulein“ Birgit Prinz aus Europa gegen „Barbie-Model“ Mia Hamm aus Nordamerika, zugleich Welt-Fußballerin 2001. Nicht wenige kommentierten diese Wahl als Ehrung des Lebenswerkes von Mia Hamm – deren US-Popularität nicht erst durch einen gemeinsamen TV-Spot mit Basketballstar Michael Jordan besteht –, denn als Auszeichnung der aktuellen Leistung. Denn 2001 sei Birgit Prinz definitiv die Superstürmerin gewesen, heißt es.
Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt, interessiert diese Diskussion nicht. Er ist nicht nur beim Finale vor Ort, sondern auch ein gefragter Gesprächspartner. Denn das erste Uefa-Pokal-Finale des Frauenfußballs vor 12.000 Zuschauern in Frankfurt am Main, von Dietrich vermarktet, hat dem europäischen Fußball Respekt verschafft. Wesentlich mehr Zuschauer werden das US-Finale auch nicht verfolgen, 15.000 lautet die aktuelle Prognose. Zwar sind die Ligaspiele mit 5.000 bis 6.000 Zuschauern weit vor dem Schnitt in der deutschen Bundesliga, aber im TV ist Frauenfußball kein großer Hit. So lernt jeder vom anderen: „The german Bundesliga“ hat nicht nur sportliche Spitzenklasse zu bieten, und die Profiliga WUSA bietet zwar spannenden Sport, kann das PR-Rad aber auch nicht neu erfinden.
Steffi Jones interessiert dagegen nur eines: „Ich muss mir gegen Birgit wahrscheinlich ’nen Wolf laufen, sonst schießt die uns ab.“ Eine Woche später spielen sie dann wieder zusammen beim 1. FFC gegen den SC Bad Neuenahr. Frauenfußball in Zeiten der Globalisierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen