: Die Wette: Drei Flaschen Rotwein
Wie war das mit der Fußnote im TV-Duell? Kanzler Schröder wirft Edmund Stoiber vor, er wolle Nachtzuschläge besteuern. Nach der Sendung sucht die SPD-Kampa vergebens im Wahlprogramm der Union: der schlimme Satz lässt sich nicht auftreiben
von HEIDE OESTREICH
Vom ganzen Brimborium ums langweilige Fernsehduell bleiben am Ende vielleicht wenigstens drei Flaschen Rotwein übrig. Die hat im Eifer des Nachgefechts CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer mit seinem SPD-Pendent Franz Müntefering verwetten wollen. Hatte doch Kanzler Schröder im Duell dem Unionskandidaten vorgehalten, die Nacht- und Sonntagszuschläge hart arbeitender Krankenschwestern und Schichtarbeiter besteuern zu wollen. Die „Unwahrheit“ sei das, musste Edmund Stoiber da richtig stellen. Stehe im Unions-Wahlprogramm, gab Schröder zurück. „Nein“, sagte Stoiber. „Doch“, sagte Schröder. Die Moderatoren wechselten das Thema. Hm.
Nach der Sendung also die Fortsetzung des Streits. Nirgendwo im Wahlprogramm!, sagte Laurenz Meyer und verwettete drei Flaschen Roten. Wohl, sagte Müntefering, allerdings ohne einzuschlagen. Es gebe nämlich eine Fußnote im Wahlprogramm und die verweise auf die Petersberger Beschlüsse der CDU.
Petersberger Beschlüsse. Was war das? Das war anno 1997 das Konzept der CDU für eine große Steuerreform. Lächerlich niedrige Steuersätze für alle – gegenfinanziert unter anderem, indem man „Ausnahmetatbestände“ wie etwa die Steuerfreiheit der Zuschläge abschafft. Fußnote? Im Wahlprogramm der Union findet sich weit und breit keine Fußnote. Hm.
Anruf bei der SPD-Kampa. Die müssen den Kanzler doch gebrieft haben. Es sei doch bekannt, dass die Union sich immer auf die Petersberger Beschlüsse berufe, heißt es dort. In den Vorläufermodellen zum Wahlprogramm habe es ausdrücklich dringestanden, in der letzten Fassung sei die Zumutung dann weich gekocht worden. Tatsächlich steht im Wahlprogramm: „Da Ausnahmetatbestände dem Konzept einer einfachen und transparenten Besteuerung widersprechen, wollen wir sie auf den Prüfstand stellen.“ – „Das heißt im Klartext: abschaffen, das weiß man doch“, sagt der Kampa-Mann. Und die Fußnote? „Vielleicht habe es sich eher um eine „gedankliche Fußnote“ gehandelt, so der Kampagnero.
Gedankliche Fußnote. Tatsächlich berufen sich einige CDUler öfter mal auf die Petersberger Beschlüsse. Nur im Wahlkampf, da reden sie selbstverständlich nicht von Belastungen für Krankenschwestern. Aber, erklärt ein Mitarbeiter des SPD-Steuerexperten Joachim Poß, „überlegen Sie doch mal. Wie sollen die denn sonst ihre Steuersenkungen finanzieren?“
Weniger Steuern? Logisch, das kostet. Warum nicht die „Ausnahmetatbestände“ abschaffen? Nur: kann man behaupten, das stünde im CDU-Wahlprogramm, wenn es da nicht steht? Nur, weil man weiß, dass es da eigentlich stehen müsste, wenn die Union ehrlich wäre? Die CDU wartet jedenfalls noch auf Herrn Münteferings Erklärung. „Die Wette steht“, frohlockt gut gelaunt Laurenz Meyers Sprecherin. Und, allerletzte Preisfrage: Die SPD hat auch eine Steuerreform beschlossen. Spitzensteuersatz: 42 Prozent. Wie wird die eigentlich gegenfinanziert?
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