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Fluthilfe schneller als die Elbe

Gesetz für Fluthilfe-Fonds ist eingebracht. Ab Januar 2003 gibt es 10 Milliarden Euro für Hochwasserschäden. Die Verteilung der Soforthilfe sorgt derweil in Sachsen für leichte Nervosität. Zwischen den Ländern bahnt sich Gerangel ums Geld an

aus Dresden MICHAEL BARTSCH, aus Berlin ULRIKE WINKELMANN

Das Gesetz zur Fluthilfe heißt „Flutopfersolidaritätsgesetz“ und wird durchs Verfahren gehetzt: Gestern von der Regierung eingebracht, soll es am Donnerstag im Bundestag erstmals gelesen und am 12. September ebendort verabschiedet werden. Aus dem sondersitzenden Bundesrat ist laut CDU kein Widerspruch zu erwarten.

Der Entwurf sieht vor, dass die Steuerreformstufen 2003 und 2004 aufgeschoben werden. Außerdem wird die Körperschaftssteuer für ein einziges Jahr – 2003 – von 25 auf 26,5 Prozent angehoben. Die auf diese Weise frei werdenden 7,1 Milliarden Euro fließen ab Januar 2003 in den Fonds „Aufbauhilfe“, der etwa zur Hälfte vom Bund auf der einen und den Ländern und Kommunen auf der anderen Seite getragen wird. Rechnet man die „sonstigen Bundesmittel“ und die 1,2 Milliarden Euro aus dem EU-Strukturfonds hinzu, umfasst das Hilfsprogramm insgesamt 9,8 Milliarden Euro.

Zunächst jedoch wird in den Hochwasserregionen erst einmal die „Soforthilfe“ verteilt. Vom Soforthilfe-Programm des Bundes in Höhe von 100 Millionen Euro wurde am 16. August bereits die erste Hälfte an die Landkreise und Städte in Bayern, Sachsen-Anhalt sowie in Sachsen überwiesen, das am stärksten betroffen ist und wo wahrscheinlich rund 80 Prozent der Flutschäden entstanden sind.

Weil diese erste Tranche jedoch nach Einwohnerzahl und nicht nach Schadensschätzungen aufgeteilt wurde, sah Sachsen zunächst nur 24 Millionen Euro. Das wesentlich trockenere Bayern erhielt 20,9 Millionen. Die zweite Hälfte soll dann überwiesen werden, wenn die Schadenshöhe halbwegs ermittelt worden ist.

Der Bund zahlte schnell und er überging dabei die – im Übrigen CDU-regierten – sächsischen Ministerien: Dies führt dort zu leichtem Kopfwackeln. Schließlich war die Bundeshilfe schon vor Ort, bevor das Land selbst sein Soforthilfeprogramm von 35 Millionen Euro auflegte. „Man hat uns ja leider nicht informiert und auch nicht beteiligt“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums in Dresden.

„Der Bund wollte halt der Erste sein“, meint Sprecher Stéphane Beemelmans vom sächsischen Finanzministerium. Das sei zwar nicht die „feine englische Art“ und entspreche nicht den sonstigen Gepflogenheiten, wonach Bundesmittel stets beim Land durchlaufen. Wegen der schnellen Hilfe habe man sich aber nicht beklagt.

Was die Verteilung des ungleich viel größeren Hilfs-Topfes ab Januar 2003 angeht, deutet sich nicht nur zwischen Bayern und Sachsen, sondern auch zwischen den ostdeutschen Ländern ein Wettlauf um den Schadensausgleich an. So ist in der Sächsischen Staatskanzlei bereits ein Grummeln darüber zu vernehmen, dass Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) eine Schadenssumme von 8 Milliarden Euro angemeldet hat. Entsprechend zu verstehen sind auch die gestrigen Worte des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, die Verteilung der Bundesmittel „kann man nicht den betroffenen Ländern untereinander überlassen“.

Über die gerechte Verteilung der zugesagten nachhaltigen Bundeshilfe werde derzeit verhandelt, bestätigte Sprecher Beemelmans vom sächsischen Finanzministerium. Dabei verhalte sich der Bund aber sehr restriktiv und lasse sich wenig in die Karten schauen. Beim Totalschaden eines Hauses etwa könnte es auf eine Höchstförderung von 75 Prozent der Wiederaufbaukosten hinauslaufen.

Beemelmans vermutet, dass diese Hilfe schließlich rechtzeitig zum 22. September in Form eines Wahlgeschenks präsentiert werden könnte. Für Sachsen läuft über das Innenministerium derzeit eine detaillierte Schadenserfassung an. An die Kommunen sind Fragebögen ausgereicht worden, um tatsächliche Ansprüche zu prüfen.

„Die Menschen sollen nach der Flut nicht schlechter gestellt sein als vorher“, sagte Schröder gestern noch.

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