: „Bild“ kämpft für sich
Das Boulevardblatt macht Front gegen den Einstieg der WAZ-Gruppe beim Axel-Springer-Verlag. „Springers Journalisten lassen sich missbrauchen“, kontert „WR“-Chefredakteur Frank Bünte
von STEFFEN GRIMBERG
Bild kämpft mal wieder für Sie. Ja, genau für Sie, Edmund Stoiber: „Stoiber Sieger“ jubelt Springers Kampfblatt, verspürt „Katerstimmung“ beim Kanzler, überhaupt: „In der SPD macht sich Ernüchterung breit.“
Doch Bild kämpft diesmal auch für sich: Ausgerechnet mit der Essener WAZ-Gruppe verhandelt der Stoiber-Freund und Kohl-Spender Leo Kirch über den Verkauf seiner 40 Prozent am Axel-Springer-Verlag. Die Verhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss, weiß Springers ebenfalls betroffene Welt: Es gehe „nur noch um den Preis“. Bei so viel Herausforderung bemüht dann selbst Bild das hehre Gut der Meinungsvielfalt: Nachdem das Blatt schon am Freitag einen „Linksruck“ bei der WAZ geißelte, durfte sich gestern der Medienwissenschaftler Wolfgang Donsbach auslassen: Die WAZ „sei ein ausgewiesen linkes Medienhaus, deutlich auf SPD-Kurs“, und was da geplant werde, „kommt dem Medienreich eines Silvio Berlusconi in Italien bedrohlich nahe“, orakelte der Professor aus der unionsfreundlichen „Mainzer Schule“ von Elisabeth Noelle-Neumann.
Bei Frank Bünte, Chefredakteur der zum WAZ-Imperium gehörenden Westfälischen Rundschau, ist allerdings kein Drang zu höheren Staatsämtern auszumachen. Ein „gewisses Interesse, uns in die Ecke der SPD zu rücken“, sieht er dafür schon, „Wahlkampfgetöse“ sei das halt, und der Versuch, einen „Deal zu verhindern, der jetzt ansteht“.
Doch wer von stramm auf SPD-Kurs liegenden WAZ-Blättern schreibe, „hat nicht wahrgenommen, wie wir berichten“, sagt Bünte. Sein Chefredakteurskollege Bodo Zapp von der eher konservativen WAZ-Tochter Westfalenpost jedenfalls hänge immer unter der Decke, wenn am von der SPD-Parteizentrale zur WAZ-Gruppe gewechselten ehemaligen Kanzleramtsminister und heutigen WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach die Aufgabe der journalistischen Unabhängigkeit festgemacht werde.
Im Gegensatz zu den WAZ-Blättern, die differenziert über das TV-Duell Schröder/Stoiber berichtet hätten, mache die Pro-Stoiber-Berichterstattung „Bild im Moment alles andere als unabhängig“, so Bünte: „Hier findet ein Missbrauch von Journalismus statt“, vor allem bedrücke ihn, „wie sich die Journalisten bei Springer missbrauchen lassen.“
Nun ist der „jetzt anstehende Deal“ (Bünte) von Kirch und WAZ in Sachen Springer mit Blick auf die Medienvielfalt tatsächlich nicht unproblematisch: Verbände sich doch so Deutschlands größtes Zeitungshaus (Springer) mit Deutschlands größtem Abo-Zeitungsverlag (WAZ-Gruppe). Der dann mögliche Einfluss der in erster Linie auf Profit und weniger auf Politik bedachten WAZ-Geschäftsführung dürfte auch den Spielraum von Springers Zeitungsvorstand Mathias Döpfner erheblich einschränken: Die Rendite des Döpfner’schen Sanierungsprojekts Welt dürfte die Herren von der Ruhr jedenfalls kaum beeindrucken.
Für die ganze „Aufregung bei Springer“ sorgt zudem noch ein viel grundsätzlicherer Umstand: Ein Einstieg der WAZ wäre „der Abschied von der Mission des Verlagsgründers Axel Springer“, sagt Bünte und klingt dann doch latent sozialdemokratisch: „Das Erbe steht auf dem Spiel.“
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