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Diät für die Seele

PädagogInnen und Profis sind alarmiert: Musikunterricht an Hamburger Schulen wird immer weiter reduziert. Bündnis zur Rettung geplant

„Die Erhaltung unserer Musikkultur ist keine Privatangelegenheit.“

von HEIKE DIERBACH

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Und die Bildung nicht nur von Mathe, Deutsch und Englisch. Weil aber ästhetische Fächer wie der Musikunterricht drohen, zu einer „verzichtbaren Nebensache“ zu werden, schlagen rund 40 Musikprofis – vom Schulmusiker bis zur Firma Yamaha Deutschland – Alarm: Sie wollen am 14. September ein „Hamburger Bündnis für Musikunterricht“ gründen und dafür sorgen, so der gemeinsame Aufruf, dass Bildung „nicht allein unter dem Gesichtspunkt ihrer Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt beurteilt wird“.

Initiiert hat das Bündnis der Präsident des Landesmusikrates – der Interessenvertretung der Musikschaffenden –, Wolfhagen Sobirey, der auch Leiter der Staatlichen Jugendmusikschule ist. Ihm sind Pläne des Senats zu Ohren gekommen, jetzt auch im Gymnasium Musik ab der achten Klasse nur noch als Wahlpflichtfach anzubieten – wegen der geplanten Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre. In den übrigen Schulformen kann das Fach bereits heute nach der siebten Klasse abgewählt werden. Die Folge: In der Oberstufe lernen nur noch zwölf Prozent der SchülerInnen etwas über Händel oder HipHop. Musik als Leistungskurs wählten gar in ganz Hamburg 2001 gerade noch 237 SchülerInnen.

„Der Musikunterricht in den allgemein bildenden Schulen ist der erste Lernort in Musik. Nur hier erreichen wir alle Kinder und Jugendlichen“, heißt es in dem Aufruf: „Die Erhaltung unserer Musikkultur ist keine Pri- vatangelegenheit. Musikmachen darf nicht zum Privileg der wirtschaftlich Bessergestellten werden.“ Zumal auch der private Instrumentalunterricht am Nachmittag unter der Schulzeitverkürzung leiden wird: „Es wird weniger Schüler als bisher geben, die nach dem nun noch längeren Schultag dazu bereit sind.“

Neu sind die Entwicklungen nicht – auch unter dem alten Senat wurde der Musikunterricht bereits reduziert oder überwiegend von fachfremden Lehrern erteilt, sagt Sobirey. Aber seit dem Regierungswechsel habe sich die Lage in Hamburg zugespitzt: „Schule wird immer stärker nur als Zulieferer der Wirtschaft gesehen.“ Dabei habe ästhetischer Unterricht sogar einen „Mehrwert“: Eine Langzeitstudie des Musikwissenschaftlers Hans Günther Bastian an Berliner Grundschulen konnte nachweisen, dass Musik die soziale Kompetenz, die Konzentrationsfähigkeit, die Intelligenz und die allgemeinen schulischen Leistungen fördert.

Um Hamburger SchülerInnen diese Chance zu erhalten, hat das künftige Bündnis einen Katalog aufgestellt: Darin wird unter anderem gefordert, LehrerInnen mit Fach Musik bevorzugt einzustellen, besonders in der Grundschule. Auch in der ErzieherInnenausbildung müsse Musik Hauptfach werden. Musiktheater und Veranstaltungszentren – wie beispielsweise die Markthalle – müssten mehr Geld für Kooperationen mit Schulen, für Nachwuchsarbeit und für größere SchülerInnenkartenkontingente erhalten.

Sollte die Politik an ihrem Kurs festhalten, prognostiziert Sobirey in zehn Jahren nicht nur leere Opernhäuser und Konzertsäle: „Das Fehlen von musikalischer Bildung wird sich auch zeigen in einer Zunahme sozialer und emotionaler Probleme in der Gesellschaft.“

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