: Ein Nutzer unter vielen...
...OK-Star Gerd, verrückt wie Klaus Kinski dafür zahm wie sein Hund Ankor. Während er vor dem OK aus seinem dunklen Mercedes steigt, frohlockt er vor sich hin: es ist kein Tier zu klein, das nicht von dir ein Bruder könnte sein
Der Gerd ist einer. Einer vom Offenen Kanal. Aber nicht irgendeiner. Gerd (60) und Ankor (11) sind Kult. Kulte gibt’s beim Bürgerfunk und -fernsehen viele, jeder ist durchgedreht, jeder ist abgefahren, aber Gerd, Gerd ist anders. Wenn Gerd ins Studio in Findorff kommt, lastet gleich so ein süßlicher, viel-zu-lange-hängendes-Abwaschtuch-Geruch in der Luft. Das ist nicht Gerd, das ist Ankor, sein Hund. Aber Gerüche spielen in Funk und Fernsehen keine Rolle. Zum Glück. Was Rolle spielt in Funk und Fernsehen ist das Hörbare und auch das Sichtbare. Sichtbar ist Gerd in seiner Sendung „Gerd Augustin präsentiert ...“ vielfach. Das liegt an den kleinen Mosaiken, die das Fernsehbild seiner Sendung aufkasteln. Gerd mal zweifach, mal dreifach. Gerd präsentiert sich selber.
1996 ist er aus Amerika zurück nach Bremen gekommen, Christian Oesterreich, der Sohn von Radio Bremen-Gründer Hans-Günther, hat ihn 1997 mit dem Offenen Kanal bekannt gemacht. Weil Gerd viel zu erzählen hat. Zwei Wochen später war er auf Sendung. „Meine Freunde sollten doch alle wissen, was ich die ganze Zeit gemacht habe“, sagt er. So war das. Und seitdem ist er jede Woche Dienstag um fünf im Fernsehen und anschließend im Radio.
Originalität ist sein Markenzeichen, wie der Hund, oder das Kastenfernsehen oder das Adrenalin in seinen Venen oder, oder, oder. Zum Glück kann er sich an keine Höhepunkte in fünf Jahren Sendung erinnern, wär ja noch schöner. Jeder Augustin ist ein Höhepunkt. Früher glaubte er, alles drehe sich um Anerkennung, um den Respekt seiner Person gegenüber, heute denkt er das nicht mehr.
Stimmt das wirklich? Nicht ganz. Richtig gerichtlich kämpft er gegen Leo Kirch, weil Pro Sieben sechs Minuten seiner Sendung gezeigt hat, ohne dafür zu bezahlen. Auch gegen Radio Bremen läuft ein Prozess, mittlerweile vor dem Oberlandesgericht, weil immer noch nicht geklärt ist, ob er Ausschnitte aus dem von ihm mitgegründeten legendären „Beatclub“ im OK senden darf oder nicht. Aber das ist nicht wichtig.
Sein Sinn für Gerechtigkeit ist Programm. Er macht Helmut Schröder zu Guido Stoiber und senft die Bremer Bauwirtschaft zu. Aktuellen Bezug haben seine Sendungen in Radio und Fernsehen immer.
Schön ist das. Durchtrieben ist das. Offener Kanal ist das. Übrigens, den letzten Prozess gegen Leo Kirch, haben seine Anwälte noch vor der großen Insolvenz des Medienmoguls klären können. So gab es noch Kohle. Den Gewinn hat er gespendet. Das ist doch mal was. „Für mich ist der Offene Kanal ein Grund zu leben.“ Dem schließen wir uns an. Danke Ankor! HK
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