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hansjürgen kargeDer Schwierige geht – endlich

Heute hat das Trauerspiel ein Ende: Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge muss, gezwungen durch das Landesparlament, seinen Stuhl räumen. Dem an sich schon brutalen Verfahren ist ein öffentliches Fingerhakeln vorangegangen, das – wie unter Juristen üblich – auch vor Gericht ausgetragen wurde. Nun wird der Chef der größten Staatsanwaltschaft der Bundesrepublik gegangen. Ist das schade?

Kommentar von PHILIPP GESSLER

Nein. Sicher: Es ist nicht die feine englische Art, nach acht Jahren einen Mann aus dem Amt zu schmeißen, der vom Parlament auf Lebenszeit gewählt worden war und „nur“ 61 Jahre alt ist. Bedenklich und wohl auch eine Fehlkonstruktion der Landesverfassung ist zudem, dass die Legislative so viel Einfluss auf die Judikative hat. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist, siehe etwa Italien, ein hohes Gut, das die Demokratie schützt. Schließlich ist es kein gutes Argument gegen eine Person mit so viel Verantwortung, wenn gegen sie vor allem vorgebracht wird, sie sei „schwierig“ – Liebenswürdigkeit ist für eine solche öffentliche Aufgabe nicht entscheidend, solange dieser Mensch führen kann, kompetent ist und unabhängig bleibt.

Gerade hier aber scheint bei Karge das Problem gelegen zu haben: Seine Vorgehensweise bei der Untersuchung der Schießerei am israelischen Generalkonsulat 1999 etwa war allzu offensichtlich von dem Wunsch geprägt, politisch nicht anzuecken, ja die lästige Pflicht der Aufklärung möglichst bald loszuwerden. Auch die Aufdeckung der Bankenaffäre betrieb er, so war der Eindruck, nur äußerst ungern. Schließlich verbreitete er, glaubt man Exjustizsenator Wolfgang Wieland, in seiner Staatsanwaltschaft eine „unerträgliche Atmosphäre“, die die Arbeit behinderte.

Deshalb: Es ist gut, dass er geht. Nach Karge kann es fast nur besser werden.

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