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Neue Staatssekretärin ist 33

Esther Schröder (PDS), zuletzt Abgeordnete in Brandenburg, kümmert sich für Harald Wolf künftig um Arbeits- und Frauenpolitik. Wolf erhält bei Wahl zum Wirtschaftssenator Oppositionsstimme

von ROBIN ALEXANDER

Die neue Staatsekretärin für Arbeit und Frauen heißt Esther Schröder. Dies erfuhr die taz am Donnerstag aus Brandenburger PDS-Quellen. Der gestern gewählte neue Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, Harald Wolf (PDS), will die 33-Jährige erst heute der Öffentlichkeit vorstellen.

Wolf wurde am frühen Abend im Abgeordnetenhaus gewählt. Auf ihn entfielen 78 Jastimmen bei einer Enthaltung und 59 Gegenstimmen. Da die rot-rote Regierungsmehrheit 77 Stimmen beträgt, hat also zumindest ein Abgeordneter aus den Reihen der Opposition für Wolf gestimmt. Zuvor hatte die grüne Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz explizit angekündigt, der frühere Grünen-Politiker Wolf werde aus ihrer Fraktion „keine Stimme“ erhalten. Der neue Wirtschaftssenator ergriff am Tag seiner Wahl im Parlament nicht das Wort. Sein designierter Nachfolger als PDS-Fraktionsvorsitzender, Stefan Liebich, kündigte in der Debatte eine unideologische Wirtschaftspolitik an: „Privatisierungen sind für die PDS weder Tabu noch Dogma.“

Der SPD-Fraktionschef Michael Müller versprach Wolf „kollegiale Unterstützung“. Die Opposition ging den neuen Senator schon vor seiner Wahl heftig an. Frank Steffel, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, warf Wolf vor, er wolle „mit Marx die Auseinandersetzung mit der Berliner Wirtschaft suchen“. Die PDS verhalte sich heuchlerisch, wenn sie im Senat den Bau des Großflughafens Schönefeld unterstütze, ihn aus der Partei aber bekämpfe. Martin Lindner, FDP-Fraktionschef, bezichtigte die Sozialisten gar des „Wahlbetrugs“: „Sie haben gesagt: Mit Gysi. Mehr Ostdeutsche. Und jetzt bekommen wir: Ohne Gysi. Mit alten Westlinken.“ Für die Grünen schloss Sibyll Klotz nach einer aggressiven Rede mit „dem alten Sponti-Spruch: Du hast keine Chance – nutze sie“.

Seine neue Staatssekretärin möchte Wolf erst heute Morgen zuerst in der Wirtschaftsverwaltung vorstellen. Deshalb gab es gestern von der Berliner PDS-Fraktion kein Wort zu dieser Personalie. Auch Schröder selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die zweifache Mutter stammt aus Luckenwalde und war zuletzt auch in Brandenburg als Landtagsabgeordnete, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion und als Mitglied des Kreisvorstandes in Potsdam tätig. Schröder kennt Berlin: Im Wendeherbst 1989 begann sie ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der Humboldt-Universität. Nach ihrem Abschluss als Diplomvolkswirtin war sie drei Jahre lang als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Konstanz tätig. Auch ihre Promotion qualifiziert sie für die neue Tätigkeit in der Arbeitsverwaltung: Schröder promovierte über „Leiharbeit in Deutschland“ und arbeitete dabei eng mit dem Forschungsinstitut der Bundesanstalt für Arbeit zusammen.

Im Brandenburger Landtag erwarb sich Schröder einen Ruf als Poltikerin, die sich vorrangig der Sache verpflichtet fühlt. Sie machte vor allem Front gegen den CDU-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß, aber auch gegen die SPD-Politiker aus der großen Koalition. Immer wieder fragte sie zur Chipfabrik in Frankfurt (Oder) nach, bis ihr vorgeworfen wurde, durch ihre Hartnäckigkeit das Renommierprojekt zu gefährden. Ihre Kritik auch an Sozialdemokraten ärgerte manchen der PDS-Strategen, die auch in Brandenburg an einem rot-roten Bündnis basteln. In der Öffentlichkeit erhielt die junge, engagierte Abgeordnete aber viel Zuspruch. Eine Zeitung ernannte sie gar – völlig unironisch – zur „Miss Wirtschaft“.

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