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Gesucht: schwarze Schafe

Mehr als 30.000 Bildungsträger bieten derzeit ihre Dienste in der beruflichen Weiterbildung an. Weil die Qualität der Kurse schwankt, hat das Bildungsministerium die Stiftung Warentest eingeschaltet

von TILMAN VON ROHDEN

Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als die berufliche Weiterbildung ein knappes Gut war, das vom Mangel an Angeboten und relativ hohen Zugangshürden gekennzeichnet war, existiert heute eine üppig blühende Landschaft: Mehr als 30.000 Bildungsträger bieten derzeit ihre Dienste an.

Mit dieser Masse sind neue Probleme für Bildungshungrige entstanden, denn ein Überblick über geeignete Lehrgänge lässt sich nicht immer leicht gewinnen. Am ehesten hilft einem das Internet bei der Auswahl.

400 Kurse im Test

Mit der Eingrenzung des Angebotes ist es allerdings kaum getan, denn im Anschluss stellt sich die Frage, wie hochwertig die einzelnen Kurse sind. Die Qualität eines Angebotes lässt sich aber nur schwer beurteilen, weil sich Lernveranstaltungen nicht so einfach bewerten lassen wie Industrieprodukte.

In die Diskussion über die Qualität von beruflicher Weiterbildung hat sich daher nun das Bundesbildungsministerium eingeschaltet und die Stiftung Warentest beauftragt, Kurse zu untersuchen. Jedes Jahr sollen die bekannten Verbraucherschützer rund 20 Tests durchführen und dabei rund 400 Lehrgänge evaluieren. Dafür stehen bis zum Jahr 2005 6 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Stiftung will, so Warentester Alfred Töpper, „alle relevanten Qualitätsmerkmale, alle Themen und Angebote“, die jeweils unterschiedliche Ziele und methodische Vorgehensweisen haben, untersuchen.

400 Tests gegen 400.000 Kurse, die jährlich angeboten werden – ein wahrhaft kühnes Unterfangen. Auch Töpper räumt ein, dass die Repräsentativität der Tests nicht gewährleistet werden könne und nach wissenschaftlichen Standards „eine solche Untersuchung unmöglich“ ist. Derartige methodische Probleme, so der Bildungsexperte, interessierten die Bildungswilligen aber auch nicht. Diese orientierten sich vielmehr an der „Produktqualität“, also der Frage, ob ein Kurs „gut“ oder „schlecht“ sei.

Diese Feststellung würde jeder Kursteilnehmer unterschreiben, doch das bedeutet unter methodischen Gesichtspunkten nicht zwangsweise, allein einzelne Kurse zu überprüfen. Insbesondere Lernprozesse sind sehr individuell – was einmal klappt, kann beim nächsten Mal völlig versagen. Schon eine neue Lerngruppe kann ein ursprünglich gutes Lernkonzept unter veränderten Voraussetzungen zum Scheitern bringen.

Die einmalige Messung von Kursen kann diese Tatsache aber kaum berücksichtigen. Certqua, ein von der Wirtschaft getragenes Unternehmen zur qualitativen Überprüfung von Weiterbildung, hat daraus die Konsequenz gezogen und untersucht Prozesse statt Produkte (Kurse). Certqua-Zertifizierungen beruhen auf der Norm ISO 9000. Sie eignet sich insbesondere zur qualitativen Untersuchung komplexer Gegenstände. ISO 9000 ist eine ausgeklügelte Art von Selbstkontrolle und arbeitet mit einer indirekten Methode: Untersucht wird der Input. Dahinter steht die Idee, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung dann gut ist, wenn der Hersteller seinen eigenen, detailliert aufgelisteten Kriterien und Ansprüchen genügt. „Diese Methodik ist anderen Prüfverfahren überlegen“, meint Certqua-Geschäftsführer Andreas Orru. Er schlägt vor, das Geld des Bundesbildungsministeriums in die Verbraucheraufklärung zu stecken.

Viele Bildungsexperten sind der Meinung, dass eine auf Selbstkontrolle beruhende Prozessorientierung in der beruflichen Weiterbildung der Untersuchung einzelner Kurse überlegen ist. „Es müssten zu viele Kurse getestet werden, das wäre zu teuer“, sagt Peter Susat, Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Privatschulen (VDP). Allerdings habe die Aktion von Stiftung Warentest auch positive Aspekte. Denn eine reine Selbstkontrolle sei nicht ausreichend. „Dritte und Unabhängige müssen ebenfalls prüfen.“ Deshalb begrüßt er die Warentest-Vorhaben und fordert seinen weiteren Ausbau.

Sinnlose Standards

Mehr Vorbehalte hat Siegfried Schmauder, Geschäftsführer der TÜV Akademie Berlin. Kurse seien oft auf lokale Erfordernisse ausgerichtet und deshalb nicht vergleichbar. „Stiftung Warentest sucht Standards, wo sie nicht sinnvoll sind.“

Auch Peter Schisler, Weiterbildungsexperte und Geschäftsführer vom Berliner L 4-Institut für digitale Kommunikation, hat Einwände: „Punktuelle Prüfungen sind Aktionismus, eine Qualitätssteigerung kann so nicht erreicht werden.“ Schislers Hoffnung ist, dass die Warentester die schwarzen Schafe der Branche bloßstellen könnten. Doch wie will man von ihnen wissen, noch bevor man die Anbieter auf Herz und Nieren getestet hat?

Darauf weiß Warentester Töpper auch keine Antwort. Er setzt auf den Donnerhall von Stiftung Warentest. Allein schon die Ankündigung, zu prüfen, werde ausreichen, die Qualität auf breiter Front zu steigern. Die Tests würden über die 400 Untersuchungen hinaus wirken und das Qualitätsbewusstsein steigern.

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung teilt Töppers Hoffnung, weist aber zugleich darauf hin, dass „Verallgemeinerungen aus Einzeluntersuchungen zurückhaltend zu bewerten sind“. Eine deutliche Kritik. Das Institut der Arbeitsämter unterstützt die Aktion von Warentest, weil es nach ähnlichen Kriterien arbeitet. Nur: Die Arbeitsämter untersuchen jeden von ihnen finanziell geförderten Kurs und machen nicht nur Stichproben.

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