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Signal für Strukturwandel Ost

Im Jammertal sind sachte Verschiebungen erkennbar: Es gibt einen industriellen Kern in der schwachen Ostwirtschaft, der beständig wächst: das Verarbeitende Gewerbe

BERLIN taz ■ Rolf Schwanitz tritt bescheiden auf. Der Aufbauhelfer Ost in Schröders Kanzleramt ist kein Mitreißer und kein Aufreger – aber sein scheinbar harmloses Reden enthält stets eine Botschaft. Genau so verhält es sich mit der Wirtschaftskraft der fünf neuen Länder, deren Indikatoren der Ostbeauftragte Schwanitz gestern als „Stand der deutschen Einheit“ vorstellte: Die Sozial- und Arbeitsdaten sind, freundlich gesagt, bescheiden – dennoch gibt es eine dahinter verborgene Entwicklung: Die Ost-Industrie wächst, sie schafft sogar Arbeitsplätze.

Das Codewort für die geheime Kommandosache lautet: Verarbeitendes Gewerbe. Das ist nichts weniger als der produzierende Kern einer Volkswirtschaft – von Ernährungs- und Tabakgewerbe über Fahrzeugbau bis hin zu Rundfunktechnik. In diesem Bereich hat die ehemalige DDR ihren schlimmsten Absturz durchgemacht. Nun erlebt sie seit 1997 einen viel langsameren, aber zähen Aufwärtstrend.

Das Interessante daran ist: Er ist stärker als die konjunkturellen Turbulenzen der Weltwirtschaft. Während etwa die Zahl der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe des Westens seit 97 beständig abnimmt, nimmt sie seitdem in der Ex-DDR hartnäckig zu – seit 98 von 588.000 auf 627.000. Beim Wachstum dieses Sektors ist es nicht anders – im Westen Stagnation und Schrumpfen, im Osten Zuwachsraten um die 5 Prozent.

Rolf Schwanitz wäre der Allerletzte, der das hinauschreien würde. Schon gar nicht, wie gestern, bei einem „Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit“. Aber er lässt sich davon auch durch das Hochhalten von Arbeitslosenstatistiken und das Vortragen persönlicher Beleidigungen nicht abbringen. „Die Wirtschaft entwickelt sich hin zu einer modernem Struktur“, sagt Schwanitz. Und setzt beinahe energisch hinzu: „Das kann man klar sagen.“ CHRISTIAN FÜLLER

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