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Die Flut, der Stoiber

Der Kanzlerkandidat der CDU/CSU spult seinen Auftritt routiniert herunter und liefert sich ein akustisches Duell mit dem Trillerpfeifen-Protest

von PETER AHRENS

Am Eingang werden Deutschland-Fähnchen verteilt, vor der Bühne quält Dixieland aus Schnelsen. Man ist bei der CDU. Bürgermeister Ole von Beust sagt: „Sie sind ein gern gesehener Gast“, ihm antwortet ein ohrenbetäubendes Trillerpfeifenkonzert. Edmund Stoiber ist in der Stadt, und so laut ist es auf dem Gänsemarkt selten. Die Bevölkerung ist zwar durch flächendeckende Absperrungen gut vor ihrem Kandidaten geschützt, Polizei und Sicherheitsbeamte, wohin man schaut. Trotzdem kann sich der CDU-Chef gestern Abend nur mühsam gegen den Chor seiner Gegner durchsetzen.

„Abhauen, abhauen“, schallt es Stoiber entgegen. Die 1500 Zuhörer, die mit Eintrittskarten in den abgesperrten Bereich eingelassen wurden, mühen sich zwar redlich ab, mit demonstrativem Applaus dagegen zu halten, doch der akustische Sieg geht an die GegendemonstrantInnen.

Der Kandidat selbst versucht weitgehend so zu tun, als seien die ProtestiererInnen, die von einer Gegenkundgebung vom Stephansplatz rüber zum Gänsemarkt gekommen sind, nicht da. Nur einmal, gleich zu Beginn sagt er: „Es gibt wohl immer noch Leute, die glauben, man könne Argumente durch den Kehlkopf und Trillerpfeifen ersetzen.“

Der Kandidat spult sein Pflichtprogramm ab. Hamburg ist ein Termin wie Hunderte in diesen Wochen, wie Weimar oder Mülheim/Ruhr. „Ich bin hier, um Sie zu überzeugen“, behauptet er. Und deswegen scheue er sich auch nicht, „hier so schwierige Themen anzusprechen“.

Er meint damit das Thema Arbeitslosgkeit, und da muss er nicht viel scheuen, denn das ist sein Wahlkampftrumpf. An diesem Tag sind die neuen Arbeitslosenzahlen herausgekommen, und das ist die richtige Munition. „Die große Geißel Arbeitslosig-keit“, die Stoiber beschwört, ist vielmehr sein großer Wahlkampfschlager.

Die Litanei von Deutschland als wirtschaftlichem Schlusslicht wird angestimmt. Und das Schröder-Wort von dem „nicht verdient, wiedergewählt zu werden“, wenn die Arbeitslosigkeit nicht unter 3,5 Millionen liegt, ist selbstverständlich der Kern dieser Wahlkampfstrategie. Allerdings ist dieser Spruch derart häufig strapaziert worden, dass selbst die braven CDU-ParteigängerInnen nur noch müde applaudieren.

Ansonsten beherscht der Kandidat mittlerweile den öffentlichen Auftritt, wirkt weit weniger eckig als noch vor Wochen. Medienberater Michael Spreng steht vor der Bühne und kontrolliert trotzdem immer noch jede Geste der hundertfach geübten Inszenierung. Spreng lächelt nur einmal ganz kurz, als Hamburgs CDU-Chef Dirk Fischer zur Begrüßung sagt: „Was bei der Wahlentscheidung zählt, ist nicht die Show, sondern Inhalt und Substanz.“

Nach einer guten Stunde beendet Stoiber seinen routinierten Auftritt, und man fragt sich anschließend, welchen Nutzen solche Veranstaltungen haben. Vielleicht den, dass den politischen GegnerInnen Gelegenheit gegeben wird, ihre Kreativität ins Kraut schießen zu lassen. Ein Anti-Stoiber-Transparent titelte: „Hamburg ist für SPD, Stoiber trinkt Kamillentee.“ Und ein Protestierer hielt aus einem Fenster ein Plakat auf den Gänsemarkt: „1349 Die Pest. 1892 Die Cholera. 1962 Die Flut, 2002 Der Stoiber. Hamburg bleibt auch nichts erspart.“

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