: Südkoreas Fußballchef will an die Macht
Nach dem Erfolg seines Landes bei der Fußball-WM will Chung Mong Joon jetzt Staatspräsident werden
Der populäre Präsident des südkoreanischen Fußballverbandes und Erbe des mächtigen Hyundai-Konzerns, Chung Mong Joon, will Nachfolger von Staatspräsident Kim Dae Jung werden. Er werde seine Kandidatur offiziell am 17. September oder knapp drei Monate vor dem Wahltermin im Dezember bekannt geben, teilte das Büro des parteilosen fünfzigjährigen Abgeordneten gestern in der südkoreanischen Nationalversammlung mit.
Noch vor drei Monaten dachte niemand in Südkorea an den Industriellensohn, wenn über Präsidentschaftskandidaten gerätselt wurde. Dies änderte die Fußball-WM im Juni. Da verfielen die Südkoreaner in Euphorie über den Erfolg ihres Nationalteams und riefen in den Stadien ihren niederländischen Trainer Gus Hiddink zum Präsidenten aus. Das dürfte Chung Mong Joon inspiriert haben, sich selbst als Kandidaten für den Wahlkampf ins Gespräch zu bringen.
Seitdem wird er regelmäßig als chancenreicher Kandidat neben den beiden Konkurrenten Lee Hoi Chang von der oppositionellen Großen Nationalpartei und Roh Mu Hyun von der regierenden Demokratischen Millenniumspartei genannt. Die letzte Umfrage vom vergangenen Sonntag attestierte Chung sogar Chancen auf einen Sieg, sofern er als einziger Kandidat gegen den favorisierten Lee von der Opposition antreten würde.
Der medienerprobte Chung reitet noch immer auf der Fußballwelle, die in Seoul gerade wieder hochschlägt. Als der „Nationalheld“ Hiddink am Mittwoch in der Hauptstadt eintraf, um Werbeverträge von über zwei Millionen Euro zu unterzeichnen, trat er natürlich mit Chung an seiner Seite vor die Kameras. Und am Samstag, wenn das erste Freundschaftsspiel zwischen Nord- und Südkorea seit neun Jahren stattfindet, wird Chung wieder als Hauptperson auftreten und in den Medien seinen Konkurrenten voraus sein.
Dabei verdankt Chung seine Bekanntheit nicht nur dem Fußball, sondern auch seinem Vater Chung Ju Yung, dem Gründer des Hyundai-Konglomerats. Mong Joon, der sechste und schönste Sohn des Gründers, gilt als dessen Erbe, wenn es um die politischen Ambitionen der Chungs geht. Schon sein Vater kämpfte 1992 gegen den späteren Sieger Kim Young Sam um die Präsidentschaft. Danach wurde er wegen illegaler Wahlkampffinanzierung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Greis musste die Strafe aus Altersgründen nicht antreten, zog sich aber aus der Politik zurück und zwang Mong Joon regelrecht an seiner Stelle in die Politik.
Mong Joong wurde inzwischen schon viermal als Unabhängiger ins Parlament gewählt. Er gilt als wirtschaftsliberal und Nordkorea-erfahren, da er schon mit seinem Vater von Pjöngjangs Machthaber Kim Jong Il persönlich empfangen wurde. Sein politisches Programm ist unklar, doch gilt seine Unabhängigkeit als stärkster Trumpf gegen die parteigebundenen Widersacher. Denn die Südkoreaner wünschen nach etlichen Skandalen, die bis in die Präsidentenfamilie reichen, einen Saubermann als Staatsoberhaupt.
Chung steht jetzt ein harter Kampf bevor, denn er besitzt keine intakte Wahlkampfmaschine auf lokaler Ebene wie Lee Hoi Chang und muss aufpassen, dass er nicht denselben Fehler wie sein Vater begeht, nämlich illegale Wahlkampffinanzierung.
ANDRÉ KUNZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen