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Tarife für Mutter und Töchter

25 Millionen Euro einsparen, das kriegt Radio Bremen nur mit Personalabbau hin. Der Personalrat wandte sich jetzt gegen die geplante Ausgliederung von Produktion und Technik

Kurze Wege: Die Zusammenarbeit bei RB sollte auf Zuruf klappen

Durch die Entscheidung der Ministerpräsidenten, den Finanzausgleich für die kleinen ARD-Anstalten zu kürzen, hat Radio Bremen 25 Millionen Euro weniger im Jahresetat – schrittweise wird diese Kürzung bis zum Jahre 2006 umgesetzt. Dadurch ist der Sender in eine finanzielle Krise geraten. Durch personelle und programmliche Maßnahmen sollen die Kosten dauerhaft gesenkt werden. Im Zuge des Umzugs an einen neuen Standort soll ein weiterer erheblicher Personalabbau erfolgen. Geplant ist die Ausgliederung der gesamten Technik und Produktion von Fernsehen und Hörfunk in private Gesellschaften, die dann nach Marktpreisen ihre Dienste anbieten.

Verdi und der Personalrat haben dazu Ende vergangener Woche ein Positionspapier beschlossen. Ein Eckpunkt der Arbeitnehmer-Vertreter: „Die Integration Radio Bremens in ein Medienzentrum darf nicht auf Kosten der Beschäftigten geschehen.“ Der Personalrat fordert – bisher vergeblich – eine förmliche Erklärung darüber, dass Radio Bremen auf „betriebsbedingte Kündigungen“ verzichtet. Tarifliche und sonstige Rechte (von Gehalt bis Altersvorsorgung) sollen den Beschäftigten in vollem Umfang und dauerhaft erhalten bleiben – „auch im Falle von Ausgliederungen“. Und die Sicherung dieser Rechte soll in einem Tarifvertrag über einen Sozialplan erfolgen. Dabei führen die Personalvertreter verschiedene Argumente gegen eine radikale Auslagerung ins Feld – insbesondere beim Hörfunk. „Eine klare, auch räumliche Trennung dieser Bereiche an einem neuen Standort ist nicht erstrebenswert“, heißt es in dem Papier. „Gerade in einer so kleinen Anstalt wie Radio Bremen muss die Zusammenarbeit auf Zuruf von Menschen verschiedener Fachrichtungen und Berufe erhalten bleiben“, schreibt der Personalrat. Und zwar ohne dass zuvor Aufträge erteilt und anschließend Rechnungen geschrieben werden müssen. Ein Produktionszentrum (innerhalb des Medienzentrums) organisatorisch und räumlich vom Kern Radio Bremens zu trennen, mache also für die Arbeitsabläufe keinen Sinn.

Nach Ansicht der Personalvertretung darf eine Auslagerung – wenn überaupt – nur schrittweise erfolgen. Jeweils angepasst an das Niveau der Fremd-Aufträge: „Die Erfahrungen zahlreicher Firmenneugründungen im Medienbereich zeigen, wie schnell einem kometenhaften wirtschaftlichen Aufstieg der jähe Absturz folgen kann.“ Solche Erfahrungen sollten den MitarbeiterInnen von Radio Bremen erspart bleiben, heißt es weiter. Denn betriebswirtschaftlich sei es, in der gegenwärtig schlechten konjunkturellen Lage, nicht sinnvoll, ins volle unkalkulierbare Risiko gehen. Fazit: „Eine komplette Auslagerung der Hörfunk- und Fernsehtechnik und -produktion ist also abgesehen von medienpolitischen Bedenken auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll und zudem höchst riskant.“

Da nächste Problem: „MitarbeiterInnen von Radio Bremen, die auftragsbezogen oder dauerhaft in einer Tochterfirma eingesetzt werden, dürfen nur über Personalgestellung in dieser Tochterfirma arbeiten.“ Das wiederum bedeutet, dass halbherzig ausgelagerte Radio-Bremen-Mitarbeiter kaum als „Neugründungen“ im neuen Medienzentrum finanziell vom Land gefördert werden könnten. Eigentlich will das der Personalrat auch nicht, denn ökonomischer Sinn der Auslagerung soll vor allem die Senkung der Personalkosten sein. Aber „verschlechterte Bedingungen“ dürfe es für das derzeitige Radio-Bremen-Personal nicht geben, heißt es in dem Papier. Und auch für neu eingestelltes Personal soll ein tarifloser Zustand vermieden werden: Dafür soll vor der Aufnahme geschäftlicher Aktivitäten für jede Tochter ein Tarifvertrag abgeschlossen werden. Dieser Vertrag müsse dann auch eine Regelung enthalten, die eine „Zusammenarbeit zwischen Personalrat der Mutter und Betriebsrat der Tochter ermöglicht.“ K.W.

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