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Platz steht vor der Räumung

Bezirksamt Mitte kündigt Ende des Bauwagenplatzes Bambule unter Berufung aufs Polizeigesetz an. Anwalt moniert „unrechtsstaatliches Vorgehen“ der Stadt

Nach den medialen Räumungsdrohungen macht der Bezirk Mitte auf dem Bauwagenplatz Bambule im Karolinenviertel nun Ernst. Gestern erging vom Bezirksamt an die BewohnerInnen eine „Allgemeinverfügung“ nach Polizeirecht und dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG), alle Wagen „vom und vor dem Platz“ an der Vorwerkstraße bis zum 31. Oktober zu entfernen. Für den Bambule-Anwalt Andreas Beuth „eine unglaubliche Sauerei“.

Damit beschreitet das Bezirksamt nämlich einen dubiosen Weg: Die Nutzung des Platzes ist eigentlich nach über neun Jahren staatlicher Duldung einem Mietverhältnis gleichzusetzen. Und wenn ein Eigentümer einen Mieter loswerden möchte, muss er gerichtliche Räumungstitel erwirken. Doch nun setzt das Bezirksamt auf Tabula rasa. Angeblich sei die Bauwagenkolonie aus Gründen des „öffentlichen Interesses“ und „zum Schutz der Bevölkerung“ nicht mehr hinnehmbar. Darum könne auch ein mehrjähriges ordnungsgemäßes Verfahren nicht abgewartet werden.

Als Grund für sein Vorgehen nennt das Bezirksamt die angeblich mangelnde Hygiene, das nächtliche Bellen von Hunden, Partys auf dem Gelände und den Willen, im Rahmen des Sanierungsprogramms St. Pauli das Terrain „intensiv“ zu begrünen.

Dies alles vor dem Hintergrund, dass zwischen den BewohnerInnen und der Stadt seit 1995 Verhandlungen über ein Ersatz-Wohnprojekt in der Karolinenstraße 27 geführt worden sind. „Diese Gepräche wurden vom neuen Senat weder offiziell abgebrochen noch fortgeführt, trotz der Gesprächsbereitschaft unsererseits“, sagt eine Bewohnerin. „Das Bezirksamt Mitte kommuniziert mit Bambule nur über die Presse, anstatt den direkten Wegüber die eingeschalteten Rechtsanwälte zu wählen“, fügt ein Bewohner hinzu.

Dass die Nutzung des Areals vom Rechtssenat beendet werden soll, hatten die Bambule-Leute dem Hamburger Abendblatt Anfang des Jahres entnehmen müssen. Und an staatlichen Verlautbarungen, geeigneten „Ersatzwohnraum“ zur Verfügung zu stellen, sei auch wenig dran. „Während in der Öffentlichkeit dieser Anschein erweckt wird, wird mit uns nicht einmal ein Dialog angefangen“, so Bambule. Lediglich drei Personen sind Wohnungen auf den gesamten Stadtrand verteilt angeboten worden, denjenigen, die zufällig am 18. Juli bei einer „Bestandsaufnahmen“ des Bezirks in Begleitung starker Polizeieinheiten angetroffen worden waren.

Dass das Bezirksamt Ernst macht, davon gehen die Bambule-Leute aus. Denn bereits am Dienstag war ein Abschleppunternehmen vorgefahren, um die Wohnwagen nach dem SOG abzutransportieren. Beuth konnte die Aktion stoppen: „Mit einem rechtsstaatlichen Weg hat das wenig zu tun.“ KAI VON APPEN

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