piwik no script img

Betreuung für die Jüngsten

Wenn Eltern kurz nach der Geburt wieder arbeiten wollen oder müssen, brauchen sie vor allem Betreuungsmöglichkeiten für ihr Baby. Wir sagen, welche es gibt und wie man sie findet. Anspruch auf einen Kindergartenplatz erst mit dem dritten Jahr

Drei Jahre mit einem Kleinkind zu Hause! Diese Vorstellung lässt manche Mutter panisch werden. Aus unterschiedlichen Gründen müssen oder wollen sie schneller wieder arbeiten. Eine achtwöchige Schutzfrist, während der das Gehalt ihres bisherigen Arbeitgebers weitergezahlt wird, steht nach der Geburt jeder Mutter gesetzlich zu. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz greift jedoch erst mit vollendetem dritten Lebensjahr des Kindes. Und in der Zeit dazwischen?

Die früher in solchen Situationen erste Wahl, nämlich eine Betreuung des Säuglings oder Kleinkindes innerhalb des eigenen Familienverbandes, zum Beispiel durch Großeltern, steht heute oft nicht zur Verfügung. Vitale Omis, die freiwillig die Kinderbetreuung übernehmen, dürften eher die Ausnahme sein.

In Berlin gibt es mehrere Möglichkeiten, kleinere Kinder betreuen zu lassen. Viele Kindertagesstätten sind inzwischen offen für Kinder ab einem Jahr, oft werden auch noch jüngere genommen. Neben bezirklichen Einrichtungen gibt es auch solche in freier Trägerschaft sowie Eltern-Initiativ-Kindertagesstätten. In Letzteren ist die Mitarbeit der Eltern nicht nur geduldet, sondern erwünscht. Das ist neben einem nicht unerheblichen Zeit- oft auch mit finanziellem Mehraufwand verbunden. Dafür hat man dort meist größeren Einfluss auf die Gestaltung der Kinderbetreuung und auf die Auswahl der Erzieherinnen.

Die sicher am besten auf die individuellen Bedürfnisse der Eltern abgestimmte Betreuungsform ist die Tagespflege, die von den Bezirksämtern in zwei Formen angeboten wird: In Tageseinzelpflege werden höchstens drei Kinder – meist unter drei Jahren – in Familienhaushalten durch eine Tagesmutter und seltener einen -vater betreut. Dazu können allerdings noch die eigenen Kinder der Tagesmutter kommen. Tagesgroßpflegestellen bieten mit zwei Betreuerinnen Platz für vier bis acht Kinder in angemieteten Räumen oder ebenfalls in Familienhaushalten.

Tagesmütter sind wohl das, was der Betreuung im früher üblichen Familienverbund am nächsten kommt. Man findet sie nicht nur über die Bezirksämter, sondern auch über Anzeigen oder private Empfehlungen sowie beim Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern. Die vom Jugendamt vermittelten Tagesmütter und deren Wohnungen werden durch das Amt überprüft. Wer die Tagesmutter sympathisch findet, mit ihren Erziehungsgrundsätzen einverstanden ist und sich in ihren Räumen wohl fühlt, wird auch den eigenen Nachwuchs ruhigen Gewissens dort unterbringen.

Ganz gleich, für welche Art der Betreuung man sich entscheidet: Einige Dinge sollten grundsätzlich immer geklärt und schriftlich fixiert werden. Dazu gehören zunächst die Betreuungszeiten: Wie viele Stunden am Tag oder pro Woche und zu welchen Tageszeiten erfolgt die Betreuung? Wie wird das Kind verpflegt? Auch Tagesmütter haben Anspruch auf Urlaub, der allerdings möglichst frühzeitig abgesprochen werden sollte, damit er sich besser mit dem eigenen kombinieren lässt. Bei privat geschlossenen Verträgen müssen zusätzlich die Versicherungsfragen geklärt werden.

Für den Fall, dass Kind oder Tagesmutter erkranken, sollte ebenfalls vorgesorgt werden. Eltern stehen pro Jahr und Kind zehn Krankenpflegetage zur Verfügung, allein Erziehenden 20, insgesamt jedoch maximal 50. Eine andere Möglichkeit ist die nette Nachbarin, die in Notfällen einspringt oder die wechselseitige Betreuung durch andere, ebenfalls betroffene Eltern.

Krippenplätze sind heiß begehrt. Wer einen haben möchte, muss sein Kind frühzeitig – am besten schon vor der Geburt – in der gewünschten Einrichtung vormerken lassen. Dort immer wieder persönlich vorbeizuschauen und sein Interesse zu bekunden ist hilfreich: Wenn man sich an Ihr freundliches Gesicht erinnert, wird das die Platzvergabe ebenso beeinflussen wie die Dringlichkeit des Anliegens.

Auch wer sich für eine Krippe entscheidet, sollte sich bei der Auswahl der Einrichtung ruhig auf sein Gefühl verlassen. Wichtig sind ausreichend große Räume, die den Kindern sowohl Rückzugsmöglichkeiten als auch genügend Platz zum Spielen und Entdecken bieten. Günstig ist ein niedriger Betreuerschlüssel. Gibt es kleine Gruppen und Erzieherinnen, die liebevoll, fröhlich und spontan mit den Kindern umgehen, aber auch konsequent sind? Wechseln die Betreuerinnen, die ja wichtige Bezugspersonen für die Kleinen sind, häufig oder ist Kontinuität beim Betreuungspersonal gegeben? Am besten fragt man andere Eltern nach ihren Erfahrungen.

Wo sich die Kinderkrippen befinden, erfährt man beim Bezirksamt. Hier wird auch der Antrag auf Kinderbetreuung gestellt. Allein erziehende, berufstätige Eltern werden bei der Vergabe der raren Plätze in der Regel bevorzugt. Die Kostenbeteiligung für staatlich geförderte Tagespflege wird einkommensabhängig erhoben (48,57 Euro bis 286,32 Euro monatlich).

Schließlich kann, wer zwar arbeiten möchte, sich aber nicht von seinem Kind trennen will, noch überlegen, selbst Tagesmutter zu werden. Darüber informieren die Bezirksämter und der Bundesverband der Tagesmütter. Eine besondere pädagogische Ausbildung ist nicht erforderlich. Von verschiedenen Stellen werden jedoch geeignete Kurse angeboten, die auf den Beruf Tagesmutter vorbereiten.

Gute Erfahrungen haben viele Eltern mit dem so genannten Kindersharing gemacht. Zwei oder drei Mütter schließen sich zusammen und betreuen wechselseitig die Kinder, sodass immer eine oder zwei Mütter freihaben. Auch bei dieser Betreuungsform sollten genaue Absprachen über Zeiten, Mahlzeiten und Gestaltung der Betreuung – auch und besonders bei unvorhergesehenen Notfällen – getroffen werden. Am besten schriftlich fixieren.

Die Befürchtung, Kinder würden durch frühzeitige Fremdbetreuung in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, lässt sich – so die Kleinkindpädagogin Martina Halfmann – wissenschaftlich nicht halten. Im Gegenteil: „Kinder, die früh in solchen Familien erweiternden Strukturen sind, haben auch Vorteile“, weiß sie. Die Kreativität werde oft stärker angeregt als bei Kindern, die ausschließlich durch die Mutter betreut würden. Natürlich müsse die Qualität der Betreuung stimmen. Kontinuität der Personen und Räume etwa sollten gegeben sein. Mutter und Kind müsse es gut gehen mit diesem Modell, dann seien keine negativen Folgen zu erwarten. Tipp: Wer nicht sicher ist, welche Betreuungsform die geeignete für seine Bedürfnisse ist, kann sich ans Jugendamt wenden – die Ämter sind zu umfänglicher Beratung verpflichtet. KATHARINA JABRANE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen