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UMTS-Abenteuer frisst seine Kinder

France Télécom dreht der deutschen Beteiligung Mobilcom den Geldhahn zu. Mobilcom hielt gestern Nachmittag Insolvenz für „äußerst wahrscheinlich“. Bund und Land wollen das „gesunde“ Unternehmen retten. Ex-Boss Schmid will Schadenersatz

von SILVAN NIEDERMEIER

Dem in Büdelsdorf (Schleswig-Holstein) ansässigen Mobilfunkanbieter Mobilcom droht das Aus: Gestern drehte die hoch verschuldete France Télécom dem Konzern mit seinen 5.000 Beschäftigten den Geldhahn zu. Wie ein Mobilcom-Sprecher gestern kurz vor Redaktionsschluss dieser Zeitung erklärte, sei damit ein Insolvenzantrag noch am Freitag „äußerst wahrscheinlich“. Nach monatelangem Zögern hatte der französische Konzern, der 28,5 Prozent an Mobilcom hält, beschlossen, weder weiteres Geld zu überweisen noch ein Übernahmeangebot an die Aktionäre zu machen.

Regierungssprecherin Charima Reinhardt kündigte an, der Bund und das Land Schleswig-Holstein würden im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles dafür tun, „um eine Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen, beispielsweise durch die Gewährung von Bürgschaften“. Die Bundesregierung habe „nachdrücklich“ bei der französischen Regierung dafür geworben, dass France Télécom ihre vertraglichen Verpflichtungen einhalte und ihr Engagement auf dem deutschen Markt nicht beende.

„Mobilcom ist ein in seinen Kernbereichen gesundes Unternehmen, das man guten Gewissens fortführen kann“, betonte die Sprecherin. Man müsse nicht nur an die Beschäftigten von Mobilcom denken, sondern auch an die zahlreichen kleineren und mittleren Unternehmen, die von der Firma abhängen, und an die fünf Millionen Kunden. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Reinhardt zufolge Bundeswirtschaftsminister Werner Müller gebeten, kurzfristig gemeinsam mit dem Land Schleswig-Holstein, dem Vorstand von Mobilcom sowie den Kredit gewährenden Banken über Möglichkeiten einer Lösung zu beraten. Ferner habe der Kanzler Justizministerin Herta Däubler-Gmelin beauftragt, Mobilcom bei der Wahrung seiner Rechtsposition gegenüber France Télécom zu begleiten.

Müller wollte noch am Freitag zu Gesprächen über Mobilcom einladen. Schleswig-Holstein sei bereit, dem Unternehmen zusammen mit dem Bund „flankierend“ zu helfen, sagte Wirtschaftsminister Rohwer (SPD).

Der nach seinem Streit mit France Télécom geschasste Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid kündigte unterdessen an, seinen Expartner auf Schadenersatz in Milliardenhöhe zu verklagen. Schmid sagte gestern in Hamburg, wenn ein Insolvenzantrag von Mobilcom gestellt werde, werde er mit Sicherheit eine Klage einreichen. Er warf dem französischen Unternehmen vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Die Entscheidung von France Télécom sei grundfalsch. Das Unternehmen hätte trotz des Stopps für UMTS einen anderen Partner für Mobilcom finden können.

Die Mobilcom-Aktie sank gestern zwischenzeitlich auf 73 Cent, nachdem sie am Donnerstag mit 1,80 Euro geschlossen hatte. In seinen Höchstzeiten hatte das Papier im Frühjahr 2000 rund 200 Euro gekostet.

Bundesfinanzminister Eichel darf indes zumindest in einem Punkt ruhig bleiben: Die 8,4 Milliarden Euro für die von Mobilcom ersteigerte UMTS-Handylizenz sind längst überwiesen.

MIT DPA, AP

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