AUSLÄNDISCHE EINMISCHUNG HILFT, WENN SIE GLAUBHAFT NEUTRAL IST: Sri Lankas geduldige Verhandler
Auch in Konflikte, die hoffnungslos festgefahren scheinen, kann wieder Bewegung kommen. Das ist die Lehre aus dem Friedensprozess, auf den sich die tamilischen „Befreiungstiger“ und die Regierung von Sri Lanka verständigt haben. Nach 20-jährigem Bürgerkrieg ist das kleine Land im Indischen Ozean ein großes Stück vorangekommen. Das ist zu einem guten Teil das Verdienst der Regierung Norwegens, deren Geduld und Umsicht die Regierung und die Rebellen auf neutralem thailändischem Boden wieder an den Verhandlungstisch gebracht hat. Vor allem ist ihr die Meisterleistung gelungen, die indischen und die US-Interessen in den Friedensprozess einzubringen, ohne von einer der beiden Seiten als willfährige Helfer ausländischer Interessen denunziert zu werden.
Die Konstellation war günstig: Auf der einen Seite eine neu gewählte Regierung, die einsah, dass sie sich eine militärische Lösung nicht leisten kann, ohne das Land in den finanziellen Ruin zu treiben; auf der anderen Seite die Rebellen, die bei einer Fortführung ihres Kampfes um einen unabhängigen tamilischen Staat möglicherweise von den USA in deren Kampf gegen den internationalen Terrorismus abgestraft worden wären. Hoffnung gibt, dass die Verhandlungspartner verlässlich erscheinen. Die Führung der Befreiungstiger scheint ihre Organisation so weit im Griff zu haben, dass eine Spaltung in Maximalisten und Realisten nicht droht. Und die Regierungsseite vermochte es bisher, alle Angriffe aus dem inner- und außerparlamentarischen Lager der singhalesischen Mehrheitsbevölkerung abzuwehren. Dabei gibt es gerade unter den Nationalisten und im buddhistischen Klerus viele Stimmen, die den Friedensprozess als Ausverkauf an die Tamilen verdammen.
Ob die Verhandlungen letztlich bei einer weitreichenden Autonomie, einer engen Föderation oder einer lockeren Konföderation enden, ist derzeit noch nicht zu überblicken. Fest steht jedoch, dass es noch etliche Gesprächsrunden geben wird, bis endgültig klar ist, wie die politische Neugliederung der kleinen Inselrepublik aussehen wird. Dabei werden auch noch zahlreiche Hürden zu überwinden sein, die das ganze Vermittlungsgeschick der Norweger erfordern. WALTER KELLER
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