: Schluss mit UMTS
Mobilcom steigt aus dem teuer erkauften und hochgejubelten UMTS-Geschäft aus. Beschäftigte vor Aus
BERLIN taz/rtr ■ Die Sanierungspläne für den angeschlagenen Mobilfunkanbieter Mobilcom haben einen bitteren Nebeneffekt: Das Unternehmen wird aus der Entwicklung und Anwendung der nächsten Mobilfunkgeneration, dem so genannten UMTS-System, aussteigen. Derzeit sind etwa 1.000 Mitarbeiter mit dem Aufbau des UMTS-Netzes beschäftigt; aus diesem Bereich sollen 800 Arbeitsplätze wegfallen. Diese Angaben wurden gestern aus dem Mobilcom-Aufsichtsrat gemacht, vom Unternehmen allerdings nicht offiziell bestätigt.
Der UMTS-Ausstieg könnte das Unternehmen teuer zu stehen kommen: Denn damit wäre auch ein Teil des angekündigten 400-Millionen-Kredits in Frage gestellt. Das Finanzministerium hatte zuvor bekannt gegeben, dass von den 400 Millionen Euro Krediten rund 200 Millionen für die Fortsetzung des UMTS-Netzaufbaus bereitgestellt werden. Die übrigen 200 Millionen sollen in das Telefon-und Internet-Geschäft fließen. Dabei handele es aber nur um „vorübergehende Liquiditätshilfen“. Mit dem jetzt geplanten Rückzug aus dem UMTS-Geschäft wären damit Kredite über 400 Millionen nicht mehr zu rechtfertigen.
Die Bundesregierung geht dagegen weiterhin davon aus, dass gegenüber France Télécom rechtliche Ansprüche für den Aufbau des UMTS-Netzes von Mobilcom bestehen. Wirtschaftsminister Müller erklärte, er rechne damit, dass sich „France Télécom an die geschlossenen Verträge hält“. Er traf gestern mit Vertretern von Mobilcom zu einer Strategiebesprechung zusammen.
Nach dem Unternehmen Quam wäre Mobilcom das zweite der sechs Mobilfunkunternehmen mit UMTS-Lizenz, das die UMTS-Pläne einstellt. Vor zwei Jahren hatten die Unternehmen die Lizenzen für jeweils 8,5 Milliarden Euro ersteigert.
Unterdessen bestätigte die Bundesregierung nun doch ihre Absicht, die 50 Millionen Soforthilfe für den Mobilfunkbetreiber staatlich abzusichern. Man gehe davon aus, dass der Betrag nachträglich „nach banküblichen Kriterien“ abgesichert werde. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die schleswig-holsteinische Landesbank wären in so kurzer Zeit nicht in der Lage gewesen, die Sicherheiten für die Soforthilfe zu prüfen. Die Hilfe wurde gestern bei der EU-Kommission angemeldet. Sie muss nach Angaben aus dem Finanzministerium von der EU-Kommission genehmigt werden, bevor das Geld Mobilcom zur Verfügung steht. SILVAN NIEDERMEIER
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