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Späthe Einsicht zum Atomausstieg

Stoibers Superminister Lothar Späth will im Gegensatz zu seinem Chef den Atomausstieg nach einer gewonnenen Wahl nicht rückgängig machen. Auch erneuerbare Energien will er stärker fördern als dem Wirtschaftsflügel der Union lieb ist

von FABIAN LÖHE

Der Stoiber-Kandidat für das Superministerium Wirtschaft und Arbeit, Lothar Späth (CDU), will im Gegensatz zu seinem Kanzlerkandidaten von einem Atomausstieg nichts wissen. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir, glaube ich, genügend Energie, deshalb würde ich jetzt nicht mit der Stromwirtschaft über den Atomausstieg reden“, sagte Späth in einem Interviewduell des Handelsblatts gegen den Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos). Auch die existierenden Förderprogramme für regenerative Energien sollten weitergeführt werden, sagte Späth.

Bisher hatte die Union die Atomenergie als Eckpfeiler ihrer Energiepolitik betrachtet. So hatte der Unions-Kanzlerkandiat Edmund Stoiber (CSU) in den vergangenen Monaten mehrfach angekündigt, er werde im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl den Atomausstieg wieder rückgängig machen. Dann hätte die Union wieder die Option, neue Atomkraftwerke zu bauen.

Auch der CDU-Wirtschaftsexperte Matthias Wissmann hatte erklärt: „Es ist absurd, dass Deutschland im Alleingang aus der Kernkraft aussteigt, wo doch hier die sichersten Atomkraftwerke stehen und Forschung- und Entwicklungsstand auf sehr hohem Niveau ist.“

Dem Drang der Union, wieder in die Atomenergie einzusteigen, steht selbst die Atomindustrie inzwischen reserviert gegenüber. Sie möchte am Atomausstieg mit den langfristigen Garantien für den Weiterbetrieb der AKWs festhalten – egal unter welcher Regierung. So hatte der Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft, Günter Marquis, im März dieses Jahres angekündigt, den Vertrag über den Ausstieg mit der Regierung keinesfalls zu kündigen. Die langfristige Planung der Stromerzeuger könne nicht nach dem Motto „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ geändert werden.

Späth betonte auch, Deutschland solle „so viel erneuerbare Energien haben wie möglich“. Auch mit dieser Äußerung liegt er eher auf der rot-grünen Linie als bei den Vorstellungen der Union. Denn während die derzeitige Regierung beabsichtigt, den Anteil der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren zu verdoppeln, hatte CDU-Wirtschaftsexperte Wissmann angekündigt, die Förderung etwa auf heutigem Niveau festzuschreiben: „Ich behaupte, wir können mit 2,5 Milliarden Euro im Jahr einen wesentlich besseren Nutzwert erreichen, wenn wir stärker auf ökonomische Effizienz setzen.“

Unter der rot-grünen Bundesregierung war das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft getreten, das eine feste Vergütung für die Einspeisung von alternativem Strom pro Kilowattstunde vorschreibt. Heute hängen 130.000 Arbeitsplätze an der Branche.

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