: Neu und neuer
Der viel beschworene „neue Mann“, der Softiepapa, der Mapie ohne Brüste, wie Illustrierte in den Achtzigerjahren titelten, blieb eine Minderheitenfigur. Eine von vielen Vaterfiguren.
Seit der Nachkriegszeit scheint sich ein tiefer Wandel in der Einstellung der Väter anzudeuten. Die so genannten neuen Väter lehnen die traditionelle Rollenaufteilung ab und befürworten egalitäre Partnerstrukturen. In einer Studie von 1998 wurde festgestellt, dass diese Gruppe erstens recht übersichtlich ist und zweitens mit der Zeit, je älter das Kind wird, zerbröselt. In Zahlen: Kurz vor der Geburt rechnen sich dreizehn Prozent der Männer zu den „neuen Vätern“. Spätestens beim dritten Geburtstag des Kindes hat knapp die Hälfte davon Abstand genommen.
Bis vor kurzem galten allein Mütter als tauglich für die kindliche Erziehung. Sigmund Freud hatte es gelehrt. Und der Arzt John Bowlby. Der Pionier der Bindungsforschung formulierte: Ein Kind sucht und benötigt nur eine Bezugsperson – und das ist die Mutter.
Zur Väterforschung: Während die Wissenschaft zunächst davon ausging, dass Väter so funktionieren müssen wie Mütter, setzt sich nun die Erkenntnis durch, dass Väter einen besonderen, qualitativ und quantitativ unterschiedlichen Beitrag zur Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder leisten.
Allein erziehende Väter sind die am schnellsten wachsende „Familienform“. Die Zuwachsrate der vergangenen vierzig Jahre beträgt 250 Prozent. Trotzdem: Nur etwa ein Fünftel aller allein Erziehenden sind Männer. Die entgegengesetzte Entwicklung wird Entfamilisierung der Frauen genannt: Rund 25 Prozent aller heute Vierzigjährigen sind kinderlos.
Meldung aus den USA: Junge Familienväter verbringen mehr Zeit bei der Arbeit. Das ergab eine Studie der Universität von Washington, Seattle. Rund 66 zusätzliche Arbeitsstunden leisteten die Väter beim ersten Kind, beim zweiten sind es noch 53. Die Forscher vermuten, dass Männer durch die Geburt von Kindern in dem Gefühl bestärkt werden, die Rolle des Ernährers der Familie zu übernehmen.
„Junge Männer haben ein neues Verständnis ihrer Vaterrolle“, sagte Familienministerin Christine Bergmann (SPD) bei der Präsentation einer Studie zu ebenjenem Rollenverständnis. Nur noch ein Drittel der mehr als zweitausend befragten Väter sähen sich in der Funktion des Familienernährers. Der Rest verstehe sich als Erzieher der Kinder und wolle nicht nur den „Wochenendvater“ abgeben. Mehr als die Hälfte der Aufgaben, die mit Kindern zu tun haben, erledigt allerdings nach wie vor die Mutter.
Im Detail hat die Studie ergeben, dass Väter von Kleinkindern im Schnitt neun Stunden am Tag beruflich unterwegs sind. Aber eine große Mehrheit beschäftigt sich danach noch mindestens 1,5 Stunden mit den Kindern. Verlässliche historische Daten fehlen, aber Forscher schätzen, dass sich das durchschnittliche häusliche Engagement der Väter in kaum einer Generation verdoppelt hat.
Unter der Domain www.sozialnetz.de/vater-und-beruf findet sich seit Ende April eine Beratungsstelle für Väter, die vom hessischen Landesverband der Gewerkschaft Ver.di und Hessens Sozialministerium betrieben wird. MARTIN MAIER
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