: Kurzschluss für 600 Stellen
Elektro-Multi Siemens will ein Drittel der Arbeitsplätze in Hamburg abbauen oder in Billiglohnfirmen auslagern. Belegschaft kündigt Widerstand an und legt Alternativkonzept vor. Deutsche Konzernleitung weigert sich, darüber zu verhandeln
von KAI VON APPEN
Die Hamburger Siemens-Belegschaft ist empört und kündigt Widerstand an: Mit einer Kundgebung vor einer Betriebsversammlung am Morgen und einer Demo danach vom Curio-Haus zum Dammtorbahnhof haben gestern 1000 Beschäftigte ihrem Unmut gegen die „Ausverkaufspläne der Konzernleitung“ Luft gemacht. Siemens plant das Outsourcing oder den Verkauf der großen Sparten Kommunikationstechnik, Gebäude- und industrielle Dienstleistungen. Allein in Hamburg sind davon 600 Jobs betroffen, bundesweit sollen 15.000 MitarbeiterInnen entsorgt werden.
Die Hamburger Betriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn ist entsetzt: „Wir lassen nicht zu, dass große Teile unserer Belegschaft in die Arbeitslosigkeit oder in Billig-Firmen ohne Tarifbindung abgeschoben werden.“ Siemens gilt weltweit als führendes Unternehmen der Elektronik und Elektrotechnik mit Milliarden Euro Umsätzen. 440.000 Menschen beschäftigt der Global-Player derzeit. Im Rahmen der weltweiten Expansion hatte Siemens sich 1990 eine neue Konzernstruktur mit mehr Unternehmensbereichen verpasst, in dem die einzelnen Sparten eigenverantwortlich agieren sollten.
Da es nun in den Bereichen Netzwerktechnik und Telekommunikation international kriselt – und nicht mehr die satten Gewinne der letzten Jahre eingefahren werden können – soll die Misere rigoros auf die Beschäftigten abgewälzt werden, um die Aktionäre nicht zu verärgern: Entlassungen, Ausgliederungen von Betriebsteilen in neu zu gründende Billig-Lohn-Firmen und Betriebsschließungen, so lautet zurzeit das Repertoire der Siemens-Chefs weltweit.
Der deutsche Konzern weigert sich bislang kategorisch, Verhandlungen über ein vom Gesamtbetriebsrat und der IG Metall vorgelegtes „tragfähiges Alternativkonzept“ zu führen. Dies beinhaltet den Erhalt aller Bereiche bei Siemens in einem neu zu bildenden Service- und Montagebereich. In der neuen Organisationstruktur, so Steinborn, könnten alle Sparten unter „verschlankter Führungstruktur“ bei tariflichen Bedingungen gebündelt und gleichzeitig Konkurrenzfähigkeit und Kundenorientiertheit gesichert werden.
Der Hamburger Siemens-Sprecher Andreas Teske bestreitet eine Blockade durch die Konzernführung: „Die Gespräche und Verhandlungen auf Konzernebene werden weitergeführt.“
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