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Anlegen mit Bankaktien

Wie gut es den Kreditinstituten geht, hängt auch vom Klima an den Börsen ab. Schwachen Erträgen versuchen die Konzernlenker durch Kostensenkung zu begegnen: Sie entlassen Mitarbeiter

Wer hätte erwartet, dass eines Tages die hohen Herren in den obersten Etagen der Bankhochhäuser einmal die gleichen Sorgen plagen wie die kleinen Anleger auf der Straße? Und doch schauen gegenwärtig die einen wie die anderen ängstlich darauf, wann es mit Dow, Dax und den anderen Börsen-Indizes der Welt wieder aufwärts geht. „Gewinnrückgänge seit Ende 2001 charakterisieren den Bankensektor“, beschreibt zum Beispiel Metehan Sen, Bankenanalyst beim Privatbankhaus Sal. Oppenheim, die Situation.

Die Flaute an den Börsen hat den Banken den Wind aus den Segeln genommen. Gut hatten sie verdient, als Aktien hoch im Kurs standen. Schließlich flossen bei jedem Aktienkauf und -verkauf Provisionen in die Bankenkassen. Das Geschäft mit der Beratung und Betreuung bei Börsengängen, den Initial-Public-Offerings, blühte und auch bei Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen, im Fachjargon Mergers und Acquisitions (M & A), verdienten sie kräftig mit. Doch seit die Aktienkurse fallen und fallen, interessiert sich kaum noch ein Unternehmen für einen Börsengang und schon gar nicht für Übernahmen. Den Banken brechen die Einnahmen weg.

Zugleich verlieren die Unternehmensbeteiligungen der Banken durch die immer neuen Minusrekorde an den Börsen kräftig an Wert. Die Manövriermasse, mit der sie über lange Zeit kurzfristige Gewinnschwankungen schon mal ausbügeln konnten, schrumpft.

„Schlecht dran ist, wer jetzt seine Beteiligungen verkaufen muss“, kommentiert Konrad Becker, Bankenanalyst beim Bankhaus Merck Finck lakonisch. Vernünftige Gründe, trotz der schwachen Kurse Aktien zu verkaufen, gibt es zumindest für die deutschen Banken dennoch: Seit Beginn des Jahres 2001 sind die Einnahmen aus Beteiligungsverkäufen in Deutschland steuerfrei. Und die Angst geht um, dass diese Steuerbefreiung nach der Bundestagswahl zurückgenommen werden könnte. Analyst Becker: „Ob ich auf meine vielleicht 25 Prozent besseren Erlöse dann 25 Prozent Steuern zahle, oder ob ich jetzt zum schlechteren Kurs verkaufe, bleibt sich ja gleich.“

Noch größere Probleme als das schwache Aktiengeschäft macht den Banken aber momentan das Kreditgeschäft. Viel Geld haben sie verliehen an Unternehmen, die es wohl kaum zurückzahlen werden – Holzmann, Babcock Borsig und KirchMedia in Deutschland, Enron und Worldcom in den USA sind nur die prominentesten Konkursfirmen. In ihrem Schatten wächst die Zahl der zahlungsunfähigen Unternehmen.

Aus Lateinamerika droht den Banken weiteres Ungemach: Argentinien tut sich bereits schwer, seine Schulden zu bedienen, Uruguay ebenso. Und Beobachter fürchten, dass auch Brasilien in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnte. Schon allein das steigende Risiko bedeutet für die Banken, dass sie für den Fall der Fälle Rücklagen bilden müssen. Das genügt, um die Gewinne zu schmälern. Noch schlimmer, wenn die Schuldner gar nicht zurückzahlten.

Den schwachen Erträgen versuchen die Konzernlenker zu begegnen, indem sie Kosten senken: In erster Linie entlassen sie Mitarbeiter. Zu reichlich, so die verbreitete Ansicht, hatte man in den fetten Jahren eingestellt. Doch durch die Entlassungen entstehen zunächst neue Kosten, zum Beispiel durch Abfindungen. Selbst bei der Deutschen Bank, die nach Meinung von Beobachtern schon auf einem guten Weg ist, brächen die Erträge stärker ein, als durch Entlassungen und Kostensenkungsprogramme gespart werden kann.

Besonders teuer kommen – zumindest die deutschen Banken – nach Meinung von Beobachtern ihre Filialnetze zu stehen. Es ist gleichsam der Einzelhandel der Banken, im modernen Banker-Englisch „Retail-Banking“. Geld verdienen lässt sich hier am ehesten mit standardisierten Produkten, die sich ohne viel Aufwand an die Kundschaft bringen lassen. Glücklich kann sich schätzen, wer sich mit einem einmal ausgeheckten Standardprodukt – etwa dem Sparplan, der auf alle passt – einen großen Marktanteil sichern, es also an möglichst viele Kunden verkaufen kann. Denn er kann die Entwicklungskosten auf viele Kunden umlegen, damit sinken die Kosten pro Abschluss, es steigt der Gewinn je Verkauf – „Skaleneffekt“ heißt das Prinzip bei Fachleuten.

Banken, die im Retail-Banking bereits erfolgreich sind, wie etwa die BNP Paribas, sind derzeit besser dran als die Konkurrenten, die sich auf starkes Investmentbanking stützen: Gewinne aus dem Retail-Banking sind längst nicht so stark von der Konjunktur und insbesondere der Stimmung an den Aktienmärkten abhängig wie Erlöse aus dem Aktiengeschäft. Girokonten sind – wie die Lebensmittel – auch in schwachen Börsenzeiten nötig.

Die Kehrseite der Medaille: Geht’s an den Börsen wieder bergauf, profitieren die Retail-Banker weniger als die Investmenthäuser. „Aktuell laufen die Aktien von Banken gut, die mit einer gesunden Retail-Plattform und Marktanteilen von mindestens acht bis zehn Prozent genug Skaleneffekte aufweisen können“, berichtet Oppenheim-Analyst Metehan Sen. Weil Größe zählt, erwartet er Kooperationen und Übernahmen in der Branche: „Kleinere Banken werden im Endeffekt von größeren übernommen.“

Die größten Einsparpotenziale sehen Beobachter bei Fusionen innerhalb eines Landes. Zu unterschiedlich sind Kultur und Angebot der Banken, als dass sich durch grenzüberschreitende Aktivitäten derzeit viel gewinnen ließe. Erst langfristig, sagt Sen, stünden internationale Übernahmen auf der Tagesordnung.

Dennoch sind die meisten Banken schon jetzt international aufgestellt. Sie nutzen ihre Größenvorteile wie die Schweizer UBS, nebenbei auch in ihrem Heimatmarkt Schweiz die größte Privatkundenbank, grenzübergreifend: UBS ist weltweit führend in der lukrativen Vermögensverwaltung für die wohlhabende Kundschaft, und auch beim Investmentbanking zählt UBS zur Spitzengruppe.

Generell geht der Trend in der Bankenbranche nach Meinung von Konrad Becker zu Häusern, die ihren Kunden kombiniertes Investmentbanking und Firmenkundengeschäfte, Private-Banking und Vermögensverwaltung anbieten. Die Kreditinstitute, die sich auf mehrere Standbeine stützen können, hält Becker für attraktiv, weil deren Mehr-Säulen-Strategie stabile Erträge gewährleiste. Das wiederum dürfte dann alle Aktionäre zufrieden stellen – die hohen Herren genauso wie den kleinen Anleger.

ALEXANDER HARTBERG

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