: Schenken statt Vererben
Einige Steuervergünstigungen stehen zurzeit auf dem Prüfstand: Bis zur endgültigen Klärung durch die Karlsruher Richter werden alle Erbschafts- und Schenkungssteuerbescheide für vorläufig erklärt
Erben von Immobilien sollen künftig höhere Erbschaftssteuer zahlen. Diese Auffassung vertritt zumindest der Bundesfinanzhof (BFH). Er hält die gegenwärtige Praxis für grundgesetzwidrig und hat deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass Immobilien und Unternehmen niedriger bewertet werden als Kapitalvermögen wie Aktien und Bargeld, urteilten die Finanzrichter.
Während für die Besteuerung von Kapitalvermögen der Nominalwert zu Buche schlägt, setzt das Finanzamt bei Grundstücks- und Hausbesitz im Schnitt 60 Prozent des tatsächlichen Verkehrswertes als Steuerwert an. Bis zur endgültigen Klärung durch die Karlsruher Bundesrichter werden alle Bescheide über Erbschafts- und Schenkungssteuer nur für vorläufig erklärt.
Die Bewertungsvorschriften können insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn die persönlichen Steuerfreibeträge ausgereizt sind. Für Geschenke und Erbschaften gewährt der Staat unterschiedlich hohe persönliche Freibeträge. Verwandte und Bekannte sind in drei verschiedene Steuerklassen eingeteilt. Hierbei gilt der Grundsatz: Je näher verwandt, desto höher sind die Freibeträge und umso weniger Steuern fallen an.
Ehepartner sind in der günstigsten Steuerklasse I und können den größten Freibetrag von 307.000 Euro in Anspruch nehmen. Bei Kindern vermindert sich der Freibetrag auf 205.000 Euro. Nicht eheliche Kinder sind dabei den ehelichen Kindern gleichgestellt.
In der ungünstigsten Steuerklasse III finden sich neben Onkel, Tanten und Freunden auch die Partner gleichgeschlechtlicher oder nicht ehelicher Lebensgemeinschaften. Sie erhalten einen Steuerfreibetrag in Höhe von maximal 5.200 Euro.
Die persönlichen Freibeträge können alle zehn Jahre neu in Anspruch genommen werden. Mehrere Zuwendungen innerhalb dieses Zeitraumes werden zusammengerechnet. Wer beispielsweise schon vor einem Erbfall von dem Erblasser etwas als Geschenk erhalten hat, kann den Freibetrag bereits verbraucht haben. Jeder Euro, der über dem Grenzwert liegt, muss dann versteuert werden.
Darüber hinaus wird im Todesfall nahen Familienangehörigen ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt. Dieser beträgt bei überlebenden Ehepartnern 256.000 Euro und für Kinder je nach ihrem Alter zwischen 10.300 Euro und 52.000 Euro. Daneben gibt es eine Reihe von sachlichen Steuerfreibeträgen.
Alle Wohlhabenden, die nichts dem Fiskus überlassen wollen, müssen frühzeitig und schon zu Lebzeiten anfangen, ihr Vermögen clever zu verteilen: Wer zum Beispiel einen lang laufenden Lebensversicherungsvertrag noch kurz vor Ablaufende verschenkt, macht damit der beschenkten Person eine große Freude. Denn das Finanzamt bewertet auf Antrag nur zwei Drittel der bis dahin eingezahlten Beiträge als steuerlich relevant.
Berechnungsgrundlage für Aktien und Fondsanteile ist der aktuelle Kurswert. Möglicherweise zahlt es sich aus, das Depot in einer Börsenflaute zu übertragen. Gleiches gilt für Edelmetalle wie Gold oder Silber. Für Hausrat, Schmuck, Autos oder Kunstgegenstände setzt das Finanzamt den Verkehrswert als den Verkaufspreis an. Demgegenüber wird bei Bargeld und Sparguthaben der Nominalwert zu Grunde gelegt.
Auf die bislang gewährten besonderen Steuervorteile für Haus- und Grundstücksübertragungen können sich Steuerstrategen bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dieser Frage allerdings nicht mehr verlassen. Nur für Ehepaare ändert sich bei der steuerlichen Bewertung von Immobilieneigentum nichts. Der Staat kassiert keine Schenkungssteuer, wenn Ehepaare eine gemeinsame Eigentumswohnung oder ein Haus bauen, kaufen oder sich gegenseitig übertragen. Der gemeinsame Wohnsitz bleibt für beide Ehepartner weitgehend steuerfrei. SIMONE WEIDNER
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