: „Das ist kein Ergebnis“
Der CDU ist zum Feiern zu Mute – bis das gute Abschneiden der Grünen bekannt wird. In Hamburg sinken die Christdemokraten unter 30 Prozent. Dirk Fischer ärgert sich über den schlingernden FDP-Kurs und Jürgen W. Möllemann
von GERNOT KNÖDLER
Fabian Hesselschwerdt hat diesmal seine Deutschland-Fahne zu Hause gelassen. „Ich hab mir schon gedacht, dass es kein großer Sieg wird“, sagt der junge Mann, der nach der Bürgerschaftswahl vor einem Jahr Fahnen schwenkend nach Hause gefahren war. Jetzt hofft er, dass sich bei den weiteren Hochrechnungen die Stellen hinter dem Komma doch noch so weit ändern, dass es für Rot-Grün doch nicht langt.
Ganz anders – in Wort und Bild – gibt sich Matthias Kraft. Während Hesselschwerdt im schwarzen Anzug zur CDU-Wahlparty in den Leinpfad gekommen ist, trägt Kraft einen groben beigefarbenen Wollpullover und ein Rasta-Zöpfchen. Zusammen mit seinen globalisierungskritischen Freunden ist er gekommen, um die CDU verlieren zu sehen.
Doch daraus wurde nur in Hamburg etwas. „Das ist noch kein Ergebnis“, warnt CDU-Landesvorsitzender Dirk Fischer nach der ersten Hochrechnung, womit er Recht behalten sollte. Dagegen gibt das Hamburger Ergebnis klaren Anlass zu Missmut bei der CDU. „Wir haben uns zu sehr an die Berliner Themen rangehängt“, vermutet Klaus-Peter Hesse. „Die FDP verdarb sich ihre Ausgangsposition, indem sie nicht gesagt hat, wohin sie gehen will“, so Fischers Kommentar nach der ersten Hochrechnung. Möllemann habe mit seinen Israel-kritischen Äußerungen den Zieleinlauf verdorben.
Auch der Winterhuder Bezirksabgeordnete Lars Mengers zeigt sich nach der ersten Hochrechnung keineswegs enttäuscht. Das Hochwasser sei der Union dazwischengekommen, und dann sei auch noch Schröder als Friedensengel aufgetreten. Im Grunde sei es egal, wer gewinne, sagt seine Münchner Begleiterin Tatjana zu Hohenlohe, selten hätten die Parteien programmatisch so eng beiei–nander gelegen.
Wirtschaftssenator Gunnar Uldall freut sich, dass die CDU/CSU die stärkste Fraktion stellen dürfe. Das gute Abschneiden der Grünen sei ihm unerklärlich, weil sie ihre Position während der zu Ende gehenden Legislaturperiode zu 100 Prozent verändert hätten.
Die Gäste aus dem Lager der Globalisierungsgegner machen sich gegen 20 Uhr vom Acker. Florian Kaufmann freut sich schon auf den großen Druck von unten, mit dem er für den Fall einer großen Koalition rechnet. Matthias Kraft dagegen ist „total frustriert“, aber mehr wegen der Wahlparty aus Smalltalk und Zahlenspielereien als wegen des unklaren Ergebnisses. „War auf jeden Fall lustig“, meint einer seiner Kumpels, spontan fahren sie zur GAL-Party in den Alsterpavillon. Mal gucken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen