: Häftling sprengt Knast
Millionenschaden in der JVA Wilhelmshaven: Häftling wollte sich umbringen und sprengt Gas-betriebene Waschmaschine. Vier Menschen wurden verletzt
Ein 46 Jahre alter Häftling hat sich am Freitagabend in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wilhelmshaven in die Luft gesprengt, dabei vier weitere Menschen verletzt und einen Millionenschaden angerichtet. Er selbst erlitt lebensgefährliche Brandverletzungen. Der wegen Erpressung einsitzende Mann hatte sich in der Waschküche des Gefängnisses verbarrikadiert, die Gasleitung beschädigt und die Explosion mit einem Feuerzeug ausgelöst. Hintergrund sei vermutlich ein familiärer Konflikt, sagte Anstaltsleiter Gerd Koop am Samstag.
Zwei Polizisten wurden bei der Detonation von Glassplittern an den Augen getroffen, ein Feuerwehrmann und ein JVA-Bediensteter wurden leicht verletzt. Die Einsatzkräfte konnten die Hauptgasleitung noch vor der Explosion absperren, so dass ein Brand und noch größerer Schaden verhindert wurden.
„Es gab im Vorfeld keine Anzeichen, dass der Mann einen Selbstmordversuch plant, insofern hatte die Anstalt auch keine Möglichkeit vorher zu reagieren“, sagte Niedersachsens Justizminister Christian Pfeiffer (SPD) bei einer Besichtigung des Explosionsortes. „Alle Bediensteten haben sofort richtig reagiert.“
Die anderen 45 Häftlinge seien zu keiner Zeit in Gefahr gewesen, weil ihr Zellentrakt weit genug vom Explosionsort entfernt gelegen habe, sagte Anstaltsleiter Koop. Sie wurden noch in der Nacht in ein Oldenburger Gefängnis verlegt.
„Wir hatten hier kein Wasser und keinen Strom“, sagte Koop. Neben Küche und Waschküche im Keller wurde auch das darüber liegende Verwaltungsgebäude der JVA stark beschädigt. Die Anstalt sei vorerst nicht mehr nutzbar, solle aber wieder in Betrieb gehen. „Wir brauchen jeden Haftplatz“, sagte Pfeiffer.
Schon von Montag an sollten alle Häftlinge wieder ihre Arbeitsplätze im Raum Wilhelmshaven erreichen können, sagte Koop. „Wir wollen schnell wieder Normalität herstellen.“ Ebenfalls am Montag sollen Gutachter die Schäden in der Anstalt untersuchen. Anschließend wird entschieden, ob das betroffene Gebäude saniert werden kann.
Nach den Ermittlungen hatte der Häftling die Leitung einer Gas-betriebenen Waschmaschine mit einem Messer angebohrt und die JVA- Bediensteten aufgefordert, sich ihm nicht zu nähern. „Haut ab! Hier fliegt gleich alles in die Luft“, habe der Täter gedroht. Anschließend zündete er das Luft-Gas-Gemisch an, um bei der Explosion getötet zu werden.
Brandexperten stellten nach Angaben Koops fest, dass die Gasleitungen in der Waschküche vorschriftsmäßig verlegt waren. Der Tat war möglicherweise eine familiäre Auseinandersetzung vorausgegangen. Der 46-Jährige ist geschieden und Vater zweier Kinder. Er hat wegen Erpressung eine Haftstrafe von fünf Jahren zu verbüßen. Nach einer günstigen Sozialprognose war er seit Mai im offenen Vollzug und arbeitete in der Wäscherei des Gefängnisses. Der Täter habe auch in der Vergangenheit bereits Ausgang und Urlaub gehabt, sagte der Anstaltsleiter.
Der Schwerverletzte wurde mit einem Hubschrauber in eine Hamburger Spezialklinik geflogen. dpa
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