: das leben außerhalb der bilder: william kleins paris-fotos
Für viele Amerikaner war Paris im letzten Jahrhundert der Ort, an dem Liebe und künstlerische Produktion eins wurden. Gertrude Stein konnte dort ungestört mit ihrer Alice B. Toklas leben, Henry Miller hatte in Clichy den Sex, den er für seine Geschichten brauchte. Für William Klein war die Stadt ein Fest der Fotografie. Seit er 1948 aus der US-Armee entlassen wurde, hat er Menschen im Pariser Alltag mit der Kamera festgehalten – vor allem in der Menge, bei Demonstrationen, Staatsaufmärschen und Straßenfesten. Dass der inzwischen 79-jährige Klein seine Karriere ursprünglich als Maler im Atelier von Fernand Léger angefangen hatte, merkt man jeder einzelnen Aufnahme in dem jetzt erschienenen Band „Paris + Klein“ (Edition Braus, 320 Seiten, 69 Euro) an. Bei den frühen Schwarzweißfotos aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren liegt die Dynamik der Bilder ganz in der Konzentration auf die Konturen. Als würde er mit dem Fotoapparat zeichnen, nutzt Klein die harten Kontraste, etwa in den Falten auf dem Gesicht des Filmemachers Alain Resnais. Dagegen scheint bei Aufnahmen von Menschengruppen jede Bewegung stets über das Bildformat hinaus zu fliehen. Seine mittlerweile meistens farbigen Fotos geben bewusst nur Ausschnitte wieder: ob zur Beerdigung im Hof des Invalidendoms, im Nachtleben von Montmartre oder auf der Gay Pride Parade Ende der Neunzigerjahre – das Leben geht außerhalb des Bildes weiter. William Klein ist als Fotograf ein Zuschauer, der schon im nächsten Moment wieder begeistert am Geschehen teilnimmt. hf
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