piwik no script img

Lücken bei Lüken

Auch Ex-Polizeichef Rolf Lüken kann nicht erklären, warum plötzlich das halbe Polizeipräsidium Geheimsache sein sollte

Die Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss Bau und Immobilien wurden gestern mit einem Déja-vu wieder aufgenommen: Andreas Hundsdörfer, geboren 1941. Das war’s. Dass der Bauunternehmer sein „umfassendes Aussageverweigerungsrecht“ in Anspruch nimmt, erklärte schon sein Rechtsbeistand.

Hundsdörfer war für drei Firmen am Umbau des Weserstadions beteiligt, unter anderem in der seines ähnlich wortkargen Ex-Partners Kurt Zech. Aus der schied er vor drei Jahren „per 58er Regelung aus“. Heute berät er seine beiden Söhne, deren Firma Procon den Umbau der Nordgeraden im Stadion plant. Selbst sei er an der Firma nicht beteiligt, diktiert er hinterher der Presse in den Block. Nur am Anfang habe er einmal fünf Prozent besessen – „aus Akquisegründen“. Heute passe er auf, „dass meine Kinder nicht dieselben Fehler machen wie ich.“ Gravierende seien ihm unterlaufen, vermutet die Staatsanwaltschaft, die wegen Vorteilsgewährung ermittelt. „Aber ich weiß nach fast einem Jahr noch nicht, was die Vorwürfe sind“, sagt er, „sonst könnten wir über alles reden.“

Danach ging es um den Umzug des Polizeipräsidiums. Zeuge: Rolf Lüken, Ex-Polizeipräsident und im vergangenen Jahr im Unfrieden geschieden. Gestern allerdings zeigte er sich loyal gegenüber früheren Vorgesetzten.

Nicht erklären konnte er sich schwankende Einschätzungen seines Hauses über die „sicherheitsrelevanten“ Bereiche im neuen Hauptquartier. Über Jahre galt dort die Auffassung, höchstens 150 Quadratmeter seien so sensibel, dass sie nicht von irgendwem gebaut werden dürften. Nur einmal, im Juli 1996, hatte Heinz-Jürgen Pusch aus dem Polizei-Führungsstab in einem Schreiben plötzlich 4.700 Quadratmeter gemeldet – fast die Hälfte der Gesamtfläche. Für den Bauträger, die stadteigene BIG, war das Grund genug, auf eine europaweite Ausschreibung der Bauleistungen zu verzichten. Ob Pusch damals unter Druck gesetzt wurde, eine solche Prognose abzugeben? Daran kann sich sein Chef nicht erinnern. Fest steht, dass Pusch später von der Firma Zechbau zu Werder Bremens Pokalfinalspiel nach Berlin eingeladen wurde. Und dass die Staatsanwaltschaft deswegen gegen ihn wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Seine Haltung vor dem Ausschuss: siehe oben.

Auch Ex-Innensenator Friedrich van Nispen konnte gestern vor dem Ausschuss nicht erklären, warum schon 1994 Vertreter der Firma Zechbau bei der internen Planung am Tisch saßen und bei Raumplanung und Kostenberechung halfen – obwohl er überzeugt ist, dass solche Projekte ausgeschrieben gehören.

Entfallen war ihm, dass es schon vor dem Senatsbeschluss über den Polizei-Umzug ein verbindliches Angebot der Firma Zechbau gab, die gleich das alte Domizil mit übernehmen wollte. Da das seiner eigenen Senatsvorlage stand, müsse er es wohl gewusst haben, rekonstruierte van Nispen.

Und noch etwas konnte er rekonstruieren: In seinem Kalender habe er einen Eintrag gefunden, nachdem er sich schon 1993 mit dem Inhaber Kurz Zech und einem weiteren Geschäftsführer getroffen habe, zwei Tage nach der ersten Senastbefassung mit dem Thema „Umzug in die Lettow Vorbeck-Kaserne“. Über dieses Treffen gibt es keine Aktennotiz. Die Gesprächsinhalte hat der Ex-Senator komplett vergessen. Zechbau müse sich wohl für den Umzug interessiert haben, so van Nispen gestern. Das sei ja normal. Und dass die Firmen-Mitarbeiter dann an den Planungen mitarbeiten, das seien eben „bremische Verhältnisse“. Nur auf die Frage, warum in seiner Senatsvorlage kein Wort von seiner Überzeugung zu entdecken war, dass solche Großprojekte nach geltendem Vergaberecht europaweit auszuschreiben seien, fiel van Nispen keine Antwort ein.

K.W./jank

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen