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30 Tote bei Terroranschlag

Attentat auf Hindutempel im indischen Gujerat. Neue Unruhen befürchtet

DELHI taz ■ 30 Tote, darunter sechs Frauen und vier Kinder, sowie 60 zum Teil schwer Verletzte: So lautet die Bilanz eines Terroanschlages, bei dem am Dienstagabend zwei Attentäter einen Tempel im westindischen Bundesstaat Gujerat gestürmt, eine Handgranate geworfen und wahllos in die Menge geschossen hatten. Gestern Morgen stürmten Spezialeinheiten der Polizei den hinduistischen Swaminarayan-Tempel in der Verwaltungshauptstadt Gandhinagar außerhalb von Ahmedabad und erschossen die zwei Attentäter. Innenminister L.K. Advani, der auch Abgeordneter von Gandhinagar ist, begab sich noch am Dienstag nach Gujerat, und Premier A.B. Vajpayee brach einen Besuch in den Malediven ab und reiste gestern nach Delhi zurück.

Diese Reaktionen zeigen, wie hoch die Regierung das Risiko einschätzt, dass der Anschlag – vermutlich von islamischen Suizidtätern verübt – unter den Hindus in Gujerat eine gewalttätige Reaktion provozieren könnte. Im vergangenen März war es in diesem Staat zu wochenlangen Pogromen gegen die muslimische Minderheit gekommen, nachdem ein Zug mit Hindupilgern in Brand gesteckt worden war. Rund tausend Menschen – inoffizielle Schätzungen sprechen von 2.000 – kamen ums Leben. Advani, dem der Ruf eines Hindu-Hardliners anhaftet, sprach von einem Terrorakt gegen ganz Indien und rief zur Besonnenheit auf. „Racheakte dienen nur den Zwecken der Terroristen“, sagte er. Auch Narendra Modi, Regierungschef von Gujerat, den viele als Miturheber der antimuslimischen Ausschreitungen betrachten, rief seine Mitbürger zur Ruhe auf. In Gujerat wurde ein Ausgehverbot verhängt, das auch in den kommenden Tagen aufrechterhalten bleibt, wenn mehrere Organisationen zu einem Generalstreik aufgerufen haben. Auch in anderen Bundesstaaten wurden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt.

Es ist nahe liegend, im Terrorakt eine Rache für die Massaker vom vergangenen März zu vermuten. Darauf weist auch eine Schrift hin, welche auf einem der getöteten Attentäter gefunden wurde. Sie ist in Urdu, der Sprache der Muslime des Subkontinents, verfasst und spricht von einer Organisation namens „Tehrik-e-Qatar Gujerat“. Der ehemalige Terroristenfahnder K.P.S. Gill meinte allerdings, das Attentat weise die Handschrift von islamistischen Selbstmordkommandos auf, welche von Pakistan aus vor allem in Kaschmir tätig geworden sind. Auch gab er im Fernsehkanal Star TV zu Protokoll, die Regierung von Gujerat besitze Informationen, wonach eine dieser Organisationen nach den März-Unruhen davon gesprochen habe, den Dschihad nach Gujerat zu tragen und mit Anschlägen auf Hinduziele diese zu provozieren und damit einen Schulterschluss der 145 Millionen indischer Muslime herbeizuführen. BERNARD IMHASLY

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