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Erst verhandeln sie – dann gehen sie

Bevor Kerstin Müller und Rezzo Schlauch den Fraktionsvorsitz abgeben, wollen sie die Koalitionsgespräche beenden. Als Nachfolgerinnen werden Katrin Göring-Eckardt und Krista Sager gehandelt. Ende der Trennung von Amt und Mandat in Sicht

von CHRISTIAN FÜLLER

Die Grünen sind dabei, durch die Hintertür wieder die Rotation einzuführen. Die beiden Fraktionsvorsitzenden Rezzo Schlauch und Kerstin Müller werden die Partei in den Koalitionsverhandlungen noch vertreten – und erst danach von der Fraktionsspitze weichen. Nach Abschluss der Gespräche am 15. Oktober sollen – so sie von der Fraktion gewählt werden – Katrin Göring-Eckardt, parlamentarische Geschäftsführerin, und Krista Sager, bisher Fraktionschefin in Hamburg, übernehmen.

Das bedeutet, dass die alten FraktionschefInnen zusammen mit Parteifreunden und der SPD ab Montag aushandeln werden, was die neue Fraktionsspitze dann im Bundestag umsetzen muss. So lautet der Vorschlag von Schlauch und Müller in einem gestern veröffentlichten Brief. Ob die Nachfolger die Reihenfolge „erst Koalitionsgespräche, dann Neuwahl der Fraktionsspitze“ goutieren, ist bisher offen. Interesse an den Ämtern hatten in den vergangenen Tagen auch Werner Schulz und Reinhard Loske geäußert.

Sicher ist, dass die beiden Parteichefs Claudia Roth und Firtz Kuhn nicht zugleich die Fraktionsspitze besetzen. Eine Fraktions- und Parteiführung in Personalunion werden die Grünen nicht zulassen. Das urgrüne Prinzip einer puristischen Ämtertrennung wird indes wohl fallen. Vertreter wichtiger Landesverbände wie Baden-Württemberg, das neun der 55 Grünen-Abgeordneten im Bundestag stellt, sind klar für eine Änderung des Parteistatuts. Danach soll es auch Grünen künftig möglich sein, ein Parteiamt auszuüben und zugleich einem Parlament anzugehören. In Hessen sowie in Hamburg gibt es die Trennung bereits nicht mehr. Auch aus Bayern und Niedersachsen verlautete gestern, dass die Trennung nicht mehr reell sei. Es sei „sehr notwendig“, sagte die niedersächsische Fraktionschefin der Grünen, Rebecca Harms, der taz, „dass die Parteivorsitzenden wissen, um was es im Parlament gerade geht“. So habe die Partei auch stärkeren Einfluss auf die Fraktion. Ähnlich äußerte sich der baden-württembergische Landesvorsitzende Andreas Braun. „Eine Parteichefin muss das Gewicht der Partei in der Parlamentsfraktion voll vertreten können“, sagte Braun der taz.

Andererseits ist das grüne System von „Checks und Balances“ so alt wie die Partei. Und zu ihm gehört es, die Ausübung eines Parteiamts mit dem Einnehmen eines Parlamentssitzes für unvereinbar zu erklären. Darauf wies nach den Wahlen als Erster Frithjof Schmidt vom traditionell linken Landesverband Nordrhein-Westfalen hin. Er kündigte Widerstand dagegen an, den Parteichefs künftig ein Parlamentsmandat zu erlauben. Gegenüber der taz begründete Schmidt dies mit „demokratiepolitischen“ Überlegungen. Ein Parteichef oder eine Parteichefin sollte nicht über Abgeordnetendiäten finanziert werden, sagte Schmidt. Zudem dürfe sich die Parteiführung nicht durch enge Zusammenarbeit von Regierung und Fraktion fesseln lassen.

Die beiden ParteichefInnen Roth und Kuhn haben indirekt ihren Rücktritt angekündigt, falls der Parteitag am 18. und 19. Oktober in Bremen das Trennungsgebot aufrechterhält. Roth sagte, sie ziehe im Zweifel ihren Abgeordnetensitz vor.

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