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Der gläserne Wähler

Kölner CDU bestätigt Verwendung eines Programms, das potenzielle Wähler auswirft. Datenschützer: Illegal!

KÖLN taz ■ Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein taz-Korrespondent die CDU wählt? 26 Prozent. Mit einem Computerprogramm, das zu derartigen Erkenntnissen kommt, hat die CDU in Teilen Nordrhein-Westfalens und vermutlich auch in Hessen ihren Wahlkampf bestritten. Entwickelt wurde es vom Bonner Politikforschungsinstitut Dimap. Das Programm, das nur an ausgewählte Parteifunktionäre verteilt worden war und jetzt dem WDR-Magazin „Monitor“ zugespielt wurde, ermöglicht es Wahlkämpfern, gezielt auf bestimmte Zielgruppen zuzugehen. Es sortiert Wahlberechtigte nach Kriterien wie Beruf, sozialem Standard, „leistungsstarkem Pkw“ und Familiensituation – und kann so Listen produzieren, in denen die Adressdaten und Telefonnummern potenzieller CDU-Wähler erscheinen. Dazu wird eine statistisch berechnete „Chance“ zugunsten der CDU registriert.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes für den Datenschutz, Thilo Weichert, hält die Verwendung des Programms für nicht zulässig. Weichert sagte, die Speicherung von politischen Einschätzungen setze das ausdrückliche Einverständnis der Betroffenen voraus. Diese hätten aber nicht vorgelegen. „Es wundert einen schon, dass eine Partei so viel Geld für eine Aktion ausgibt, die offenbar gegen Datenschutzbestimmungen verstößt“, sagt der Hamburger Informatikprofessor Klaus Brunnstein. Selbst wenn die einzelnen Datensätze aus legalen Quellen wie etwa von kommerziellen Adresshändlern stammten, hätten sie nicht in einem solchen Programm zusammengeführt werden dürfen.

Während Hessens und NRW-CDU nicht zu einer Stellungnahme bereit waren, bestätigte der Kölner CDU-Vorsitzende Richard Blömer gestern die Existenz und Anwendung des Programms. Und: Man habe auch schon die Kommunalwahl 1999 damit bestritten. Einen Rechtsverstoß will er allerdings nicht erkennen. Die Daten stammten aus legalen Quellen. PASCAL BEUCKER

FRANK ÜBERALL

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