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Basken auf der Flucht nach vorn

Baskische Regionalregierung will innerhalb eines Jahres die faktische Unabhängigkeit – egal was Spanien dazu sagt

MADRID taz ■ Der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe hat Großes vor. In den nächsten zwölf Monaten möchte er das Baskenland in die Unabhängigkeit führen. Die drei autonomen Provinzen im Norden Spaniens sollen dann als „assoziierte Nation“ in einem „multinationalen“ Spanien eigenständig werden. Als ersten Schritt will er die „Ko-Souveränität“ festschreiben, das sogar Außenpolitik zur Provinzsache macht und dem Baskenland ermöglicht, mit Navarra und den drei baskischen Departements Frankreichs über einen Zusammenschluss zu verhandeln.

Ibarretxe verkündete diese Pläne erstmals vergangenen Freitag vor dem baskischen Parlament, um sie am Wochenende unter großem Applaus auf einem Parteifest vor Zehntausenden von Zuhörern zu wiederholen. Schon in dieser Woche will Ibarretxe Gespräche über seine Pläne mit den verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Gruppen im Baskenland aufnehmen. Das neue Statut soll dann per Referendum von der Bevölkerung verabschiedet werden – „egal ob Madrid damit einverstanden ist oder nicht“, betonte Ibarretxe.

Der ursprüngliche Anlass für seine Radikalität war das Verbot der ETA-nahen Partei Batasuna. Dagegen legte die baskische Regierung Verfassungsbeschwerde ein. Doch aus dem Batasuna-Umfeld kommt Kritik an den Plänen: „Es ist nicht möglich, den politischen Rahmen zu verändern und gleichzeitig die Legalität zu respektieren“, sagt der frühere Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi. Auch bei anderen Parteien findet Ibarretxe wenig Unterstützung. Patxi López, Sprecher der sozialistischen Oppositionspartei PSOE im Baskenland, erteilt den Plänen eine Absage und sieht im Konfrontationskurs Ibarretxes eine „Batasunisierung“ der bisher als gemäßigt geltenden nationalistischen Regierungspartei. Aus Madrid kommen noch härtere Töne: „Ich werde nicht zulassen, dass jemand das Baskenland in den Abgrund führt“, bewertete Regierungschef José María Aznar das Vorhaben Ibarretxes.

Die bewaffneten Separatisten von ETA wollen jedoch künftig alle Gegner eines unabhängigen Baskenlandes zum Ziel ihrer Gewaltaktionen nehmen. Die sozialistische PSOE und die in Madrid regierende Volkspartei (PP) seien „Faschisten“ und daher sei es „legitim“, alle Lokale und Veranstaltungen der beiden Parteien zum „militärischen Ziel“ zu erklären, sagte die bewaffnete Organisation in einem Kommuniqué.

REINER WANDLER

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