Dem Kultursenator bricht jetzt alles weg

Während Thomas Flierl gestern den Abgang von Deutsche-Oper-Intendant Udo Zimmermann erläutert, kracht es schon wieder im Bühnengebälk: Die Staatsoper Unter den Linden droht nach technischen Pannen jetzt mit der Schließung

Kultursenator Flierl (PDS) steht vor einem Trümmerhaufen: menschlich und baulich. Nach dem Abschied Udo Zimmermanns als Intendant der Deutschen Oper an der Bismarckstraße droht jetzt noch die Schließung der Staatsoper Unter den Linden. Denn laut einem Prüfbericht des Technischen Überwachungsvereins (TÜV) vom Dienstag ist die Hydraulikmaschine der Oper – mit der Kulissen in den Schnürboden gehoben werden – marode. Der TÜV stuft die Bespielung der Bühne als „unsicher und gefährlich“ ein. Nach dem Gutachten müsse jederzeit damit gerechnet werden, dass ein Zug, an dem die Kulissen hängen, „eine ungewollte und gefährliche Bewegung“ mache.

Staatsoper-Intendant Peter Mussbach kündigte vor dem Hintergrund des Berichts an, beim nächsten Zwischenfall das Haus zu schließen. Mehrere Aufführungen, wie „Die Zauberflöte“ oder „Figaros Hochzeit“, müssten umgearbeitet werden, damit Darstellern und Bühnentechnikern „keine Gefahr für Leib und Leben“ drohe. Während der TÜV die vorübergehende Stilllegung der Hydraulik anordnete, forderte Mussbach erneut eine „Generalsanierung“ der Staatsoper, deren Substanz und Technik sich seit Jahren am Rand des Zusammenbruchs bewegt. Das Land hat zwar eine Sanierung ins Auge gefasst, die circa 120 Millionen Euro teure Reparatur aber nicht beschlossen.

Kultursenator Thomas Flierl zeigte sich gestern betroffen von der technischen Panne, sicherte der Staatsoper aber den Erhalt des Spielbetriebs zu. Er habe, sagte Flierl, die Zusage von Bausenator Peter Strieder (SPD), dass die notwendigen Reparaturen in Höhe von 2 bis 3 Millionen Euro „angepackt“ würden. Flierl: „Wir wollen die technischen Probleme lösen.“ Er räumte aber ein, dass bei möglichen „Schwierigkeiten“ – sollten diese unverhofft auftreten – „nach einem Ersatzstandort“ Ausschau gehalten werden müsste. Zugleich betonte der Kultursenator, eine Erneuerung der Bühnentechnik werde Teil eines Opernkonzepts sein, das er bis zum Jahresende dem Parlament vorlegen wolle.

Außerdem erhob Flierl nach der gestrigen Sitzung des Senats Vorwürfe gegen Deutsche-Oper-Intendant Zimmermann, der das Haus Mitte 2003 verlässt. Man habe zwar die Vertragsauflösung „im Einvernehmen“ beschlossen. Die Deutsche Oper werde jedoch zum Jahresende ein Defizit von 1,6 Millionen Euro ausweisen. Das bedeute einen „Verstoß gegen die Eckdaten des Haushalts“. Dieses Versäumnis liege in der „Gesamtverantwortung“ des Intendanten, sagte Flierl. Als verantwortlicher Senator sei er darum „zum Handeln“ gezwungen gewesen.

Flierl erinnerte daran, dass die Deutsche Oper seit der Zeit von Zimmermanns Vorgänger Götz Friedrich ein Bilanzdefizit von 4,1 Millionen Euro vor sich herschiebe. Bei Amtsantritt habe Zimmermann aber einen ausgeglichenen Haushalt erhalten, was nun nicht mehr der Fall sei, sagte der Kultursenator, der die künstlerischen Qualitäten Zimmermanns und dessen modernes Opernverständnis aber nicht infrage stellen wollte.

Nach der Senatssitzung wies Flierl Überlegungen zurück, Zimmermanns Gegenspieler, Musikdirektor Christian Thielemann, werde nun das Zepter an der Bismarckstraße übernehmen. Das Land und Zimmermann hätten sich auf die Fortführung des Amtes bis zum 31. Juli 2003 geeinigt. Bis dahin werde über die Nachfolge des Intendanten entschieden.

Zimmermann selbst sieht seinen Abgang anders: Aufgrund der finanziellen Situation habe er sein künstlerisches Konzept nicht realisieren können. Er sei aus dem „Amt gekippt worden“. Zudem sei eine Zusammenarbeit mit Thielemann für das Haus nicht förderlich gewesen, sagte er gestern. ROLF LAUTENSCHLÄGER