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Wieder eine Niederlage für die Dose

Verwaltungsgericht Berlin weist in zentralem Verfahren Eilklage der Einweglobby gegen das Dosenpfand zurück

FREIBURG taz ■ Am Mittwoch hat Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) erneut eine wichtige Hürde auf dem Weg zum Dosenpfand übersprungen. Im zentralen Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Berlin wurde eine Eilklage der Pfandgegner mit klaren Worten abgelehnt.

Derzeit streitet die Einweglobby – insbesondere Handelsketten und Großbrauereien – auf zwei Ebenen gegen das für den 1. Januar 2003 geplante Zwangspfand auf Bierdosen und Einwegflaschen. Vor dem Berliner Verwaltungsgericht sollte die Pfandpflicht bundesweit verhindert werden. Daneben wurden auch alle anderen deutschen Verwaltungsgerichte mit Klagen überzogen, um das Pfand zumindest in einzelnen Bundesländern zu stoppen. Mit ihrer Strategie hatte die Einweglobby im September beim Verwaltungsgericht Düsseldorf einen ersten Erfolg erzielt. Die Richter hatten erklärt, es gebe keine Rechtsgrundlage für das Pfand.

Das sahen nun die Berliner Richter ganz anders. Für sie ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz eine wirksame Grundlage für die Verpackungsverordnung und damit das Pflichtpfand. Ziel der Kreislaufwirtschaft sei schließlich auch die „Stützung der Mehrwegquote“, heißt es in der ausführlichen Begründung. Außerdem sei die Pfandpflicht „nicht unverhältnismäßig“. Die vom Handel kritisierten hohen Investitions- und Betriebskosten eines Rücknahmesystems seien „nicht nachvollziehbar belegt“ und könnten „zumindest teilweise“ an die Endverbraucher weitergegeben werden.

Gegen diese Entscheidung können die Pfandgegner noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin (OVG) einlegen. Doch auch dort werden sie vermutlich keinen Erfolg haben, denn das OVG hat die von der Einweglobby vorgebrachten Argumente in einer Entscheidung vom Februar dieses Jahres bereits verworfen. Minister Trittin frohlockte deshalb umgehend: „Das Dosenpfand wird zum Jahreswechsel eingeführt.“

Dass der Handel bisher weitgehend den Aufbau einer Rücknahmelogistik verweigert, will Trittin ignorieren. „Wer ein dreiviertel Jahr mutwillig verstreichen lässt, der hat sich schlicht verspekuliert.“ Die Mehrweglobby – mittelständische Brauereien und der Getränkefachhandel – kündigte am Mittwoch sogar den Einsatz von „Testkäufern“ ein, die kontrollieren sollen, ob und wie der Handel Dosen zurücknimmt. Bei renitenten Unternehmen werde man auf Bußgeldverfahren drängen.

Ein größeres Problem ist für Trittin aber das nach wie vor bestehende Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das die Pfandpflicht faktisch für ganz Nordrhein-Westfalen aussetzte. Es ist kaum vorstellbar, dass in NRW Cola-Dosen pfandfrei verkauft werden und das Pfand dann im Rest Deutschlands eingelöst werden kann. Zwar wird das Düsseldorfer Urteil beim Bundesverwaltungsgericht wohl keinen Bestand haben. Aber obwohl das Verfahren eine Instanz überspringt, werden noch einige Monate bis zu einem Urteil vergehen. Es ist daher zu erwarten, dass Trittin die Einführung des Dosenpfandes demnächst doch noch um einige Monate verschieben wird.

Der Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen lag von Mai 2000 bis April 2001 bei knapp 64 Prozent. Die Pfandpflicht ist seit 1991 vorgeschrieben, sobald diese Mehrwegquote 72 Prozent unterschreitet. Das Pfand soll je nach Verpackungsgröße 25 oder 50 Cent betragen.

CHRISTIAN RATH

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