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Den Elternkrieg verhindern

Alleinerziehenden-Vereine diskutierten über „Väter“-Film von Dani Levy. Gemeinsamer Appell: Eltern sollten ihre Trennung nicht Polizei und Anwälten überlassen, sondern „sich auf Kindersprache einlassen“. Dachverband will Hilfe anbieten

Viele Mütter wünschen Kontakt und erfahren von den Vätern keine Resonanz

von KAIJA KUTTER

Er will gut sein im Job, als Vater und als Mann. Aber er versagt hier und da, versäumt es, den Sohn vom Kindergarten abzuholen, fährt statt dessen ein Autorennen. „Lass dich doch überfahren von deinem Scheiß Porsche“, fährt die Mutter, gespielt von Maria Schrader, ihn an. Bei einem Gesellschaftspiel reibt er ihr das Zitat vor allen Freunden unter die Nase. Sie fühlt sich vorgeführt, packt die Sachen. Er will sie aufhalten, schlägt sie, sie geht, kommt wieder mit zwei Polizisten und nimmt Sohn Benni (6) mit. Marco, gespielt von Sebastian Blomberg, darf seinen Sohn künftig nur zwei Stunden im Monat sehen. Ist das realistisch? Gestern luden Betroffene zur Matinée des Films „Väter“ von Dani Levy und anschließender Diskussion ins „Streit‘s“.

Nach Ansicht von Detlef Naumann vom Hamburger „VäterAufbruch“ spiegelt das, was Marco durchleidet, die „derzeitigen Vefahrensweisen“ wieder: „Wir sind froh und dankbar, dass sowas endlich mal verfilmt wird.“ Marco verliert seine zwei Stunden Besuchsrecht, weil er ohne Abholbefugnis den Kindergarten betritt. Die Sache eskaliert, als der Vater den Sohn für eine Reise entführt. Letztlich aufgelöst wird der Konflikt von Sohn Benni selbst. „Du hast mehr Steine“, sagt er seiner Mama und zeigt auf einen kleinen und einen großen Haufen Steine. Jeder Stein, so hatte sein Vater ihm erklärt, stehe für einen Tag, den er mit Mutter oder Vater verbrachte. Mutter Melanie überwindet sich endlich, mit Marco zu reden.

„Der Film ist überzeichnet. Alles, was Paaren mal passiert, wurde zu einer Geschichte zusammenfasst“, sagt Sonja Deuter vom Verband allein erziehender Mütter und Väter (VAMV). Er sei ein „Lehrstück“, wie Eltern es nicht machen sollten und dafür, „sich auf Kindersprache einzulassen“. Um Eltern dabei zu helfen, haben sich Väteraufbruch, VAMV und vier weitere Vereine zum Dachverband „Hamburger Hilfen im Trennungs- und Scheidungsfall“ (HHITS) zusammengeschlossen.

Was fehlte im Film, da waren sich alle einig, war der Hinweis „dass Trennung auch human ablaufen kann“, so eine Zuhörerin: „Es waren in der heißen Trennungsphase nur Polizei und Anwälte dabei.“ So beschleunigten die gezeigten Juristen kräftig die Eskalation im Trennungsstreit. „Schriftsätze von Anwälten sind oft nicht sehr sensibel. Da wird viel Porzellan zerschlagen“, weiß Hendrik Zumpe von der Selbsthilfegruppe „Partnerschaftliches Familenrecht“. Diese gründete sich vor 20 Jahren, nachdem in Altona ein bei Gericht unterlegener Vater den Freitod suchte. „Es muss nicht immer Sieger und Besiegte geben“, sagt auch Frank Schilling vom Verein „Dialog zum Wohle des Kindes“.

Alle Vereine haben es sich zum Ziel gesetzt, Kinder vom nervenaufreibenden Elternkrieg zu verschonen. Über die konkreten Mittel gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. Ginge es nach Naumann, müsste die Gesetzeslage verändert und bei Nichteinigung der Eltern der „hälftige Umgang“ vereinbahrt werden, der beiden gleiche Rechte und Pflichten gibt. Sonja Deuter hingegen findet eine solche Zerteilung des Sorgrechts „wenig praktikabel“. Nach einer Umfrage unter 2000 Mitgliedern ihres Vereins ist die im Film beschriebene Umgangsverweigerung nur eines von vielen Problemen. So gebe es eine gleichgroße Gruppe der Müttern, die Kontakt ihrer Kinder zum Vater wünschen, und keine Resonanz erfahren.

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