: Kein Denunzianten-Telefon in Bremen
Sozialbehörde: Schon jetzt melden Bürger Verdachtsfälle von Sozialhilfemissbrauch. Eigene Hotline wäre „zu teuer“
Bremen soll kein „Bürgertelefon gegen Sozialhilfemissbrauch“ bekommen. Denn erstens greifen BremerInnen ohnehin schon zum Telefon, wenn sie vermeintliche BetrügerInnen – meist zugleich eine garstige Nachbarin oder einen untreuen Freund – bei der Sozialkasse anschwärzen wollen. Und zweitens kostet so ein Telefon mehr als es einbringt. Das jedenfalls geht aus einer Vorlage für die heutige Senatssitzung hervor, die das Sozial- und das Finanzressort miteinander abgestimmt haben. Die CDU hatte die Sache mit einer großen Anfrage ins Rollen gebracht, nachdem der CDU-Sozialpolitiker Karl Uwe Oppermann im Sommer eine solche Hotline gefordert hatte – analog zum „Bürgertelefon gegen Schwarzarbeit“.
Das Sozialressort dagegen hält die beiden Telefone nicht für vergleichbar: Bei Missbrauchsverdacht von Sozialhilfe gingen ständig Meldungen ein – das Sozialamt sei bekannt als die richtige Adressatin solcher Hinweise. Anders bei der Schwarzarbeit. Das Bekämpfen illegaler Beschäftigung sei Aufgabe verschiedener staatlicher Organe. Diese durch eine zentrale Hotline besser zu koordinieren diene der Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, verhindere unter anderem Steuerverluste sowie Wettbewerbsverzerrung und bekämpfe die organisierte Kriminalität. Nicht zuletzt kämen von hier auch Hinweise an die Sozialämter, sofern diese Stütze-BezieherInnen beträfen. Ohnehin werden SozialhilfeempfängerInnen – falls sie etwa ein beachtliches Sparkonto hätten oder unerlaubt ein Auto besitzen würden – künftig verschärft durch zentrale Registerabgleiche aufgespürt, so das Sozialressort. Zudem führe das Amt schon jetzt verstärkt Hausbesuche durch, um die Bedürftigkeit Betroffener direkt zu überprüfen – etwa wenn es um Sonderzuwendungen gehe.
In der Ablehnung einer Anschwärz-Hotline sieht sich Bremen zudem in guter Gesellschaft: Eine Befragung unter 15 vergleichbar großen Städten habe im Sommer ergeben, dass nur zwölf eine solche Hotline haben. Und das ist schon mehr als der Deutsche Städtetag weiß. Diesem waren keine Mitgliedsstädte bekannt, die ein solches Bürgertelefon eingerichtet hätten. ede
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen