„Vor dem Zentralverlag der NSDAP“

Der Bertelsmann-Verlag stellte sich in den Dienst der Kriegspropaganda. Dokumentation aus dem Kommissionsbericht

BERLIN taz ■ Die Historikerkommission zieht am Ende des 800-seitigen Berichts unter anderem folgende Schlüsse:

„Seit seiner Gründung 1835 agierte der Verlag C. Bertelsmann in einem weltanschaulichen Kontext, der geprägt war durch die enge Verbindung, ja die Einheit von protestantischer Glaubensfestigkeit und konservativer Staatsgesinnung. […] Auf diese Weise entwickelte sich der Verlag zum Sprachrohr einer gemeinschaftsbetonten, antiliberalen Kirchlichkeit, die im monarchisch-autoritären Staat das Fundament der weltlichen Ordnung erblickte“. […]

„Mit der Publikation so genannter Kriegserlebnisbücher ab Spätsommer 1934 […] änderte sich das Verlagsprofil. Zwar blieben demonstrative Bekenntnisse zum Nationalsozialismus noch aus […], doch signalisierte die triviale Unterhaltungsliteratur […] in vielfacher Hinsicht Einverständnis mit dem Regime.“ […] „Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden diese Töne in der Bertelsmann-Belletristik immer lauter. Hefte so genannter Kriegsberichter schilderten den ‚Blitzkrieg‘, und der Angriffskrieg erschien […] als jenes große Abenteuer, an dessen Ende der Sieg der mental und technisch überlegenen deutschen Truppen unausweichlich war. Noch im Herbst 1939 begann der Verlag, etliche seiner Bücher in speziellen Wehrmachtsausgaben anzubieten. […] Die ungewöhnlich hohe Zahl von 19 Millionen [Exemplaren] ließ die Gewinne explodieren und sicherte C. Bertelsmann den ersten Platz in den Produktionsstatistiken – weit vor dem Zentralverlag der NSDAP. […] Entgegen dem Eindruck, den die Unternehmensführung nach Kriegsende erweckte, verlief die Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen der Wehrmacht und des Propagandaministeriums weitgehend komplikationslos.“ […]

„Seit August 1943 beschäftigte Heinrich Mohn in Gütersloh ausländische Arbeitskräfte; nachzuweisen sind mindestens neun so genannte Zivilarbeiter, die alle aus den Niederlanden kamen […]. Sie wurden weitaus besser behandelt als das von der deutschen Wirtschaft beschäftigte Millionenheer der Zwangsarbeiter aus Osteuropa. Die Verlagerung von Druckaufträgen an Firmen im Ausland führte zu einer weiteren – indirekten – Beschäftigung „fremdvölkischer“ Arbeitskräfte. So waren zwischen 1941 und 1943 im litauischen Wilna Druckereien für Bertelsmann tätig, die nachweislich auch Juden aus dem örtlichen Ghetto einsetzten […].“

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