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Frankreich pfeift auf Stabilitätspakt

EU-Finanzminister: Euro-Stabilitätskriterien bleiben. Aber Frankreichs rechte Regierung will Defizit nicht schneller verringern. England fordert deshalb den „blauen Brief“ für seinen Nachbarn. Auch Deutschland muss sich Kritik gefallen lassen

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Die pessimistische Prognose, der Sparkurs in der Eurozone könne verwässert werden, hat sich beim Treffen der Eurogruppe Montagabend in Luxemburg nicht bewahrheitet. Ende September hatte Währungskommissar Pedro Solbes einen Vorschlag gemacht, wie der Stabilitätspakt der schwachen Konjunkturlage angepasst werden könnte. Bis in die Nacht berieten die Finanzminister der zwölf Euroländer über das Papier. Mit Ausnahme von Frankreich verpflichteten sich alle, die von Solbes geforderte Anstrengung zu unternehmen, die Neuverschuldung jährlich um 0,5 Prozent zu senken.

„Wir haben andere Prioritäten“, teilte der neue französische Finanzminister Francis Mer nach dem Ende der Sitzung in Luxemburg mit. Seine Regierung wolle zum Beispiel die Verteidigungsausgaben erhöhen. Deshalb sei im kommenden Jahr lediglich eine Reduzierung der Schulden um 0,3 Prozent möglich.

Schon im Vorfeld des Treffens hatte Frankreich vorgeschlagen, die Verteidigungsausgaben künftig nicht mehr mitzurechnen, wenn die Neuverschuldung gemessen wird. „Noch wird die Haushaltsplanung in der EU in den Mitgliedstaaten gemacht“, erinnerte der Franzose.

Derartige Alleingänge erbittern zunehmend die kleinen Mitgliedsstaaten, die sich eng an die Vorgaben der Brüsseler Kommission halten. So haben zum Beispiel Finnland und die Niederlande schon jetzt einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen.

Der Vorsitzende der Liberalen im Europaparlament, der Brite Graham Watson, forderte, dass Frankreich angesichts seiner Haushaltslage einen „blauen Brief“ aus Brüssel erhalten müsse. „Der Haushaltsentwurf, den die französische Regierung für das nächste Jahr vorlegt, ist ein klarer Bruch des Stabilitätspaktes“, sagte Watson in Brüssel.

Der amtierende Vorsitzende der Eurogruppe, der griechische Finanzminister Nikos Christodoulakis, sagte, Frankreich erwarte für 2003 ein unverändert hohes Staatsdefizit, werde also nicht einmal die zugesagten 0,3 Prozent Reduktion einlösen können. Noch problematischer sei die Lage in Deutschland, wo schon dieses Jahr die magische Grenze von 3 Prozent Neuverschuldung überschritten werden könnte. Griechenland hat den Vorsitz schon sechs Monate vor Beginn seiner eigentlichen Ratspräsidentschaft direkt von Spanien übernommen, da das derzeit amtierende Land Dänemark den Euro noch nicht eingeführt hat.

„Deutschland ist jetzt am Drücker“, sagte der Luxemburger Premier und Finanzminister Jean-Claude Juncker gestern dem ARD-„Morgenmagazin“. „Bei der Haushaltskonsolidierung muss Deutschland ganz klar als stabilitätsorientiertes Land das Tempo vorgeben und sich als Euro-Trendsetter in Sachen Stabilität bewähren.“ In den größeren Flächenstaaten der EU bestehe weiter dringender Reformbedarf.

Auf Drängen der kleinen Länder wurde auch verhindert, dass die Finanzminister das gemeinsame Zieldatum für ausgeglichene Länderhaushalte um zwei Jahre verschieben, wie Pedro Solbes es vorgeschlagen hatte. Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte entschiedenen Widerstand dagegen angekündigt, dass der Stabilitätspakt auf diese Weise aufgeweicht werde. Ein Sprecher von Pedro Solbes sagte aber, der Vorschlag sei damit nicht vom Tisch. Im kommenden Frühjahr werde der Ministerrat gemeinsame Grundlinien der Wirtschaftspolitik festlegen. In diesem Rahmen könne dann erneut über die Solbes-Vorschläge gesprochen werden.

In der größeren Runde der Finanzminister, wo auch die Nicht-Euro-Länder Dänemark, Großbritannien und Schweden mit am Tisch sitzen, wurde gestern über ein weiteres heißes Eisen der gemeinschaftlichen Finanzpolitik diskutiert.

Nach jahrelangen Streitereien ist es in der EU gelungen, sich auf ein einheitliches Meldeverfahren bei der Zinsbesteuerung zu einigen. Da sich das Nicht-Euro-Land Schweiz der Meldepflicht aber verweigert hat, weichen Steuerflüchtlinge zunehmend auf die Alpenrepublik, auf Monaco, San Marino, Liechtenstein oder die USA aus.

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