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Kopftuch erlaubt

Bundesarbeitsgericht gibt muslimischer Verkäuferin Recht. Tragen eines Kopftuchs ist kein Kündigungsgrund

ERFURT taz ■ Wenn eine muslimische Verkäuferin während der Arbeit ein Kopftuch tragen will, darf ihr deshalb nicht gekündigt werden. Dies entschied gestern das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Es hob damit die Urteile der Vorinstanzen auf, die einen Kündigungsgrund bejaht hatten.

Die Türkin Fadime C. war mehr als zehn Jahre bei einem Kaufhaus im nordhessischen Schlüchtern beschäftigt. Nach einem Erziehungsurlaub teilte sie 1999 den Vorgesetzen mit, sie habe sich dem Islam zugewandt und wolle künftig nur noch mit Kopftuch arbeiten. Die Kaufhaus-Inhaber befürchteten in der ländlichen Kleinstadt Schlüchtern jedoch Umsatzeinbußen und kündigten der heute 32-jährigen Frau.

Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte Fadime C. nun doch Erfolg. Das Tragen eines Kopftuches sei kein zulässiger Kündigungsgrund, stellten die Richter fest. Zwar dürfe ein Kaufhaus seinen Beschäftigten im Arbeitsvertrag durchaus das Tragen von „unauffälliger Kleidung“ vorschreiben, es müsse allerdings auch die im Grundgesetz geschützte Glaubensfreiheit beachten. Deshalb muss das Kopftuch einer Beschäftigten zunächst akzeptiert werden.

Die Situation könnte aber anders aussehen, wenn es tatsächlich zu „nicht hinnehmbaren Störungen“ komme, merkten die Richter an, denn auch die „wirtschaftliche Betätigungsfreiheit“ des Arbeitgebers sei grundrechtlich geschützt. Die bloße Befürchtung von Umsatzeinbußen genüge jedoch nicht, es bestehe auch kein Erfahrungssatz, dass es zu negativen Reaktionen kommen werde. Fadime C., die in der Zwischenzeit in Schlüchtern einen kleinen Blumenladen aufgemacht hat, kann nun an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Außerdem muss ihr das Kaufhaus den Lohn für die seit der Kündigung vergangene Zeit nachzahlen. Az. 2 AZR 427/01

CHRISTIAN RATH

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