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Späte Ehrung für einen Schicksallosen

Schwedische Akademie zeichnet ungarischen Schriftsteller Imre Kertész mit Nobelpreis aus. Einhelliger Beifall

BERLIN taz ■ Der Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr an den ungarischen Schriftsteller Imre Kertész. Mit dieser Entscheidung für den 1929 in Budapest geborenen Autor würdigt die Schwedische Akademie ein literarisches Werk, das, so die Begründung, „die zerbrechliche Erfahrung des Einzelnen gegenüber der barbarischen Willkür der Geschichte behauptet“.

Die Reaktionen auf die Entscheidung fielen einhellig positiv aus. Kertész gilt in der literarischen Welt als ein Schriftsteller von Graden, der der hohen Auszeichnung auch literarisch würdig ist. Der ungarische Ministerpräsident Péter Medgyessy bedankte sich beim Preisträger für den ersten Literaturnobelpreis für einen Ungarn überhaupt: Der Autor habe ein „ungarisches Schicksal und die allgemein gültigen Erfahrungen der Vernichtung der ungarischen Juden formuliert“.

Zum ersten Mal zeichnet das Nobelpreiskomitee nun einen Schriftsteller aus, dessen zentralen Hintergrund der Holocaust darstellt. Kertész’ Hauptwerk, der „Roman eines Schicksallosen“, basiert auf den Erfahrungen, die der Autor als 15-Jähriger während des Zweiten Weltkriegs in den Konzentrationslagern Auschwitz und Buchenwald machen musste. 1975 in Ungarn erschienen, erzielte das Buch zunächst wenig Wirkung. Diese Erfahrung verarbeitet Kertész in seinem zweiten großen Roman „Fiasko“. Erst in den Neunzigerjahren erzielte der Autor Aufmerksamkeit über Insiderkreise hinaus. Den Anruf des Stockholmer Nobelpreiskomitees hat Kertész in Berlin entgegengenommen. Im dortigen Wissenschaftskolleg arbeitet er derzeit an einem neuen Roman. Auch dieser wird sich mit dem Thema Holocaust beschäftigen. DRK

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