: Ruandas Hutu-Milizen gegen die UNO
Politischer Arm der ruandischen Hutu-Kämpfer im Kongo kündigt der UNO-Mission im Land die Zusammenarbeit auf. Das bedroht den gesamten Friedensprozess, der von der Demobilisierung der Hutu-Milizen durch die UNO abhängt
BERLIN taz ■ Der Friedensprozess zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo hat einen Rückschlag erlitten. Die politische Bewegung der im Kongo stationierten ruandischen Hutu-Milizen, die „Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (FDLR), kündigte am Donnerstag die Zusammenarbeit mit der UN-Mission im Kongo auf.
Die Gruppe, die zum Teil aus den für den ruandischen Völkermord 1994 verantwortlichen Gruppen hervorgegangen ist, macht damit gegen das Friedensabkommen mobil, das Kongos Präsident Joseph Kabila Ende Juli mit Ruanda unterzeichnet hatte. Laut Abkommen sollte Kabila seine Unterstützung ruandischen Hutu-Milizen einstellen, so dass diese von der UNO demobilisiert und repatriiert werden könnten; im Gegenzug sagte Ruanda den Abzug seiner Truppen aus dem Osten Kongos zu. Ruanda hat seinen Teil laut UNO mit dem Abzug von 20.941 Soldaten zwischen dem 17. September und 5. Oktober erfüllt. Kongos Regierung hat ihrerseits ein Verbot der FDLR ausgesprochen und zehn FDLR-Führer verhaftet.
Unmittelbarer Anlass für die Haltung der FDLR ist eine Gruppenreise nach Ruanda, die die UNO Anfang dieser Woche für 79 FDLR-Mitglieder aus dem kongolesischen Kamina organisierte, um sie von der Möglichkeit einer sicheren Rückkehr in die Heimat zu überzeugen. In Kamina leben mehrere tausend Hutu-Milizionäre in einem UN-Demobilisierunglager. Die Reise – es nahmen 66 Milizionäre, zehn ihrer Frauen und drei Kinder teil – ging aus Sicht der FDLR offenbar nicht gut. In einem der taz vorliegenden Schreiben an die UNO klagt der in Deutschland ansässige FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka, die UN-Mission habe „unsere Mitglieder während des gesamten Aufenthalts in Ruanda bewusst der Übergriffe, der Verhöhnung und der Einschüchterung des Regimes in Kigali ausgesetzt“. Außerdem seien drei der Besucher in Ruanda verhaftet worden. Dies sei ein „Vertrauensbruch“, und daher „suspendiert die FDLR jeglichen Kontakt“ mit der UN-Mission.
Die kongolesische Presse hatte jedoch zuvor berichtet, die drei angeblich Verhafteten hätten sich in Ruanda freiwillig entschieden, gleich dazubleiben. Die anderen überbrachten ihren Landsleuten in Kamina laut der Zeitung Le Potentiel „überwiegend positive Nachrichten“.
Die FDLR wirft nun der UNO vor, ihre Mitglieder „in Kamina als Geiseln zu halten“. Dies ist eine Kampfansage an den gesamten Demobilisierungsprozess. Sollte dieser platzen, könnte Ruanda sich seinerseits nicht mehr an das Friedensabkommen gebunden fühlen.
DOMINIC JOHNSON
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