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Angst vor dem US-Serienkiller

Nach dem neunten Mord in Folge soll nun auch das US-Militär bei der Suche nach dem Washingtoner Heckenschützen helfen. Die Polizei spricht von konkreten Spuren und hofft auf baldige Erfolge. Die Menschen trauen sich kaum noch auf die Straße

aus Washington MICHAEL STRECK

In ihrer verzweifelten Suche nach dem unheimlichen Heckenschützen erhält die Polizei nun erstmals Unterstützung durch das US-Militär. Das Pentagon will den Fahndern mit einem Beobachtungsflugzeug bei der Suche nach dem Mörder helfen. An Bord werden FBI-Ermittler rund um die Uhr ihre Beobachtungen an Kollegen am Boden übermitteln. Das Flugzeug ist mit Nachtsichtgeräten ausgestattet, denn der Serienkiller hatte zuletzt mit Vorliebe in der Dunkelheit zugeschlagen.

Seit bei dem jüngsten Mord am späten Montagabend vor einem Baumarkt am Stadtrand von Washington zufällig eine Mitarbeiterin der Bundespolizei FBI erschossen wurde, jagen die Fahnder den Serienkiller nun auch mit persönlichem Ehrgeiz. Mehr als 1.000 Polizisten sind im Einsatz – die größte Fahndung, die der Großraum der US-Hauptstadt je erlebt hat. Die FBI-Frau war das neunte Todesopfer in der nunmehr seit zwei Wochen andauernden Mordserie. Zwei weitere Menschen wurden schwer verletzt. Die 47-Jährige starb vor den Augen ihres Mannes durch einen gezielten Kopfschuss.

Obwohl die Polizei innerhalb weniger Minuten am Tatort war, sämtliche umliegende Straßen auf Kilometerlänge absperrte und der Verkehr in der Region zum Stillstand kam, konnte der Täter entwischen. Doch anders als zuvor hinterließ der „Sniper“ diesmal deutliche Spuren. Augenzeugen konnten erstmals genauere Angaben zum mutmaßlichen Täter und zum benutzten Fahrzeug machen. Sie wollen einen dunkelhäutigen Mann in einem weißen Lieferwagen gesehen haben. „Wir haben neue zusätzliche Informationen erhalten, und ich bin zuversichtlich, dass uns diese Informationen zu einer Festnahme führen werden“, sagte der Polizeichef des zuständigen Bezirks.

Doch solange der Todesschütze jeden Moment wieder abdrücken kann, breitet sich in Washington und seinen Vororten weiter die Angst aus. Denn der Mörder sucht seine Opfer offenbar nach dem Zufallsprinzip aus. Jeder, der lange genug auf der Straße stillsteht, kann ins Visier genommen werden. Drei Menschen starben an der Tankstelle, eine Frau wurde auf einer Parkbank erschossen. Andere wurden auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt niedergestreckt, beim Rasen mähen oder einfach beim Überqueren der Straße.

Radio- und Fernsehmoderatoren bieten daher „Überlebenstipps“ für den öffentlichen Raum. „Laufen sie zickzack. Stehen Sie nicht bewegungslos herum. Steigen Sie beim Tanken wieder ins Auto oder halten sie eine Tasche vor die Brust.“ Manche trauen sich nur noch mit kugelsicherer Weste vor die Tür und an die Zapfsäule. Viele verlassen die Wohnung nur noch zur Arbeit und bestellen ihre Waren lieber im Internet. Tankstellen, Cafés und Supermärkte klagen über mangelnden Umsatz. Viele Gegenden wirken wie ausgestorben. Polizisten sind oftmals die einzigen Menschen an Straßenkreuzungen, vor Schulen und Einkaufszentren.

Die Mordserie hat unterdessen eine neue Debatte über strengere Waffengesetze ausgelöst. Experten fordern seit langem einen „ballistischen Fingerabdruck“ für alle in den USA verkauften Waffen. Dabei ließen sich anhand winziger Unterschiede im Gewehrlauf die Kugeln zu einer Waffe zurückverfolgen. US-Präsident George W. Bush lehnt eine solche Regelung jedoch ab. Sein Sprecher, Ari Fleischer, der übrigens einen Tag vor dem ersten Todesschuss ein Attentat auf Saddam Hussein anregte, da eine Kugel billiger sei als ein Krieg, erteilte am Dienstag den jüngsten Forderungen eine Absage. Schließlich müssten dafür alle Waffen registriert werden – für Bush ein Angriff auf die Persönlichkeitsfreiheit.

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