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„Nicht nur Sparbündnis“

PDS-Strategiepapier beschreibt Perspektiven jenseits der Haushaltssanierung. Der Solidarpakt soll auf „alle gesellschaftlichen Akteure“ ausgeweitet werden

Heute stellt die PDS-Führung ein neues Strategiepapier vor. Das Papier, das der taz vorliegt, wird zu einem besonderen Zeitpunkt veröffentlicht. Seit dem Abgang von Gregor Gysi fällt die PDS in den Umfragen, die Diskussion über eine „Giftliste“ des Senates mit enormen Kürzungen trägt weiter dazu bei.

In diesem Kontext steht das von Partei- und Fraktionschef Stefan Liebich verfasste Papier: „Berlin beginnt – Neue Chancen für die Stadt“: „Über allem stand und steht … die Notwendigkeit einer Konsolidierung des Landeshaushaltes. Sie ist Voraussetzung zur Rückgewinnung von politischen Handlungsfähigkeit für das Gemeinwesen Berlin. Sie entlässt Politik aber nicht aus der Pflicht, an den Bedürfnissen der Berlinerinnen und Berliner anzuknüpfen.“

Liebich übt deutliche Kritik am bisherigen Erscheinungsbild der rot-roten Koalition. „Das größte Defizit der rot-roten Koalition liegt darin, dass sie bei vielen Wählerinnen und Wählern der PDS, aber auch der SPD, nur als Sparbündnis wahr genommen wird.“ Liebich meint, Aufgabe seiner Partei sei es, die Diskussion über „Sinn und Zweck der Hauptstadt und die Funktion Berlins als Ost-West-Stadt“ anzustoßen. Konkret macht Liebich in acht Punkten Vorschläge: Im Punkt „Moderne Stadt“ geht es etwa um „wissensbasierte Wirtschaft“, in der „die Gegenwart und Zukunft der Stadt“ liege. Hier schreibt Liebich: „Berlin als Hochschul- und Forschungsstandort braucht eine Politik, die auf den Erhalt dieser Hochschul- und Forschungslandschaft gerichtet ist und Ausgabenreduzierung unter diese Prämisse stellt.“ Brisant, weil nach Sparplänen der Finanzverwaltung eine Reduzierung von 25.000 Studienplätzen angedacht ist. Liebich schreibt jedoch: „Qualität von Forschung und Lehre dürfen durch Konsolidierungsbemühungen nicht beeinträchtigt werden.“

Auch beim Thema Kultur ist das Papier kontrovers: „Für die Kulturpolitik bedeutet das: Die Leuchttürme brauchen ein stärkeres Engagement des Bundes und der Länder. Berlin wird seine bisherigen Aufgaben nur noch in wesentlich reduziertem Umfang wahrnehmen können.“ Ein Abbau städtischer Kultureinrichtungen wäre hingegen nicht akzeptabel. Den „Solidarpakt“, den der Senat mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes anstrebt, will Liebich zu einem „stadtweiten Solidarpakt mit allen gesellschaftlichen Akteuren“ ausbauen.

In der PDS strittig dürfte ein unausgesprochenes Lob des Sponsoring sein, das sich im Liebich-Papier findet: „Eine im Wesentlichen ideologisch motivierte Ablehnung von Unterstützungen durch Unternehmen ist wenig hilfreich, wenn die Alternative darin besteht, Teile der öffentlichen Infrastruktur dem Verfall preiszugeben.“ An die parteiinternen Kritiker der Regierungsbeteiligung sind wohl jene Sätze gerichtet: „Die Zukunft der Sadt kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass zunächst und als Vorbedingungen auf Bundes- oder gar europäischer Ebene Umsteuerungsprozesse in Gang gesetzt werden.“

ROBIN ALEXANDER

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