piwik no script img

Ein Leben in Würde bis zuletzt

Mit einer Veranstaltungswoche werben die zwei Berliner Hospize um ehrenamtliche Mitarbeiter und Spenden

Vor vier Jahren wurde das erste Hospiz in Berlin eröffnet. Ricam heißt es, nach dem italienischen Wort für „Rückkehr“. Dorothea Becker, eine Krankenschwester, war die Initiatorin. Dass etwas mit dem Sterben in unserer Gesellschaft nicht stimme, habe sie bei ihrem Beruf immer wieder erlebt. Dabei werde das Menschsein am Tod doch herausgefordert, sagt Becker.

Mittlerweile gibt es zwei Einrichtungen in Berlin: Neben Ricam in Neukölln das Lazarus-Hospiz im Wedding. Häuser, in die Todkranke mit einer Lebensprognose bis zu sechs Monaten einziehen können. Beide liegen in der oberen Etage von Gebäuden, mit Wintergärten und Blick über die Stadt. Ein Leben in Würde bis zuletzt ist das Leitbild. Mit pflegerischer, spiritueller und ärztlicher Betreuung, wobei die Schmerztherapie im Vordergrund steht. Angehörige werden in die Pflege mit einbezogen und in der Trauerarbeit unterstützt. 31 Plätze für Sterbende gibt es in den beiden stationären Einrichtungen. Die Kosten für den Aufenthalt werden zu etwa 80 Prozent von Kranken- und Pflegekasse getragen, den Rest tragen Patient und Hospiz.

Die statistische Verweildauer liegt bei 28 Tagen. Der bisher längste Aufenthalt dauerte 13 Monate. Die meisten „Patienten oder Gäste“ sind zwischen 55 und 65 Jahren alt. Etwa 7 Prozent werden wieder entlassen, weil sich ihr Zustand stabilisiert hat. Zu Hause wird ihre Betreuung ambulant fortgesetzt. Das Sozialgesetzbuch legt die Qualitätskriterien fest und schreibt vor, dass jede stationäre Einrichtung auch einen ambulanten Hospizdienst anbieten muss. Eine weitere Bedingung: 10 Prozent der Kosten müssen durch Eigenmittel finanziert werden. Etwa 150.000 Euro für jedes Haus im Jahr.

Mit der Hospizwoche noch bis 20. Oktober werben die Einrichtungen daher für ihre Arbeit. Denn sie sind auf ehrenamtliche Mitarbeit und Spenden angewiesen. Eine Erschwernis, die nicht ohne Außenwirkung bleibt. Denn die ehrenamtlichen Sterbebegleiter, die von den Hospizen angeleitet werden, helfen, die Anonymität der Stadt doch wieder zu überwinden. WS

Information zur Hospizwoche: www.hospiz-bln.de; Ricam-Hospiz: Tel: 6 28 88 00, www.ricam.de; Lazarus-Hospiz: Tel: 46 70 52 76

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen